kult und kultur
Günter Amendt, einer der Wortführer der ersten sexuellen Revolution in Deutschland und langsam an der Grenze zum Rentenalter, hat sich in der alternativen Tageszeitung TAZ jüngst zur „Neuen Moral“ geäußert. Er glaubt, dass die menschlichen Beziehungen unweigerlich Warencharakter haben werden und erklärt prophetisch:
„Alle Regeln und Gebote, die den Warenfluss behindern könnten, werden im Verlaufe dieses Prozesses aufgehoben werden. Am Ende werden dann alle Beziehungen nur noch Tauschbeziehungen sein. Dabei wird auch die Grenze zwischen der "reinen" und der käuflichen Liebe verwischt werden, denn wer bereit ist, alle Beziehungen als Tauschbeziehungen zu begreifen, wird auch bereit sein, das Sexuelle als Dienstleistung zu akzeptieren. Moralisch verwerflich ist dann nicht die Tatsache, dass jemand für Sex Geld gibt oder nimmt. Moralisch verwerflich ist vielmehr, wenn die sexuelle Dienstleistung nicht angemessen honoriert wird beziehungsweise wenn die sexuelle Dienstleistung nicht dem vereinbarten Preis entspricht“.
Wie es scheint, haben Rechte und Linke in der „Neuen Moral" den Schulterschluss gefunden: Ihr gemeinsamer Feind ist der Markt. Nur mit einer Institution kann sich Amendt immer noch nicht anfreunden: die katholische Kirche. Deren Moralvorstellungen hält er für „totalitär".
„Alle Regeln und Gebote, die den Warenfluss behindern könnten, werden im Verlaufe dieses Prozesses aufgehoben werden. Am Ende werden dann alle Beziehungen nur noch Tauschbeziehungen sein. Dabei wird auch die Grenze zwischen der "reinen" und der käuflichen Liebe verwischt werden, denn wer bereit ist, alle Beziehungen als Tauschbeziehungen zu begreifen, wird auch bereit sein, das Sexuelle als Dienstleistung zu akzeptieren. Moralisch verwerflich ist dann nicht die Tatsache, dass jemand für Sex Geld gibt oder nimmt. Moralisch verwerflich ist vielmehr, wenn die sexuelle Dienstleistung nicht angemessen honoriert wird beziehungsweise wenn die sexuelle Dienstleistung nicht dem vereinbarten Preis entspricht“.
Wie es scheint, haben Rechte und Linke in der „Neuen Moral" den Schulterschluss gefunden: Ihr gemeinsamer Feind ist der Markt. Nur mit einer Institution kann sich Amendt immer noch nicht anfreunden: die katholische Kirche. Deren Moralvorstellungen hält er für „totalitär".
sehpferd - am Dienstag, 13. Januar 2004, 18:08 - Rubrik: kult und kultur
noch nichts dazu gesagt - etwas dazu sagen
Das Düsseldorfer Capitol-Theater hat den Stoff für ein Musical entdeckte - das Leben der Franfurterin Rosemarie Nitribitt.
Nein, nicht das der wirklichen Hure, deren gewaltsamer Tod 1957 die junge Republik erschütterte - sondern das, was wir aus dem Buch von Erich Kuby und natürlich aus dem Film "Das Mädchen Rosemarie" kennen. Die Hauptrolle spielt Anna Montanaro, die dem Düsseldorfer Musicalpublikum schon als Huren-Darstellerin in "Jekyll & Hyde" bekannt ist. Mehr auf der Webseite des Veranstalters:«capitol». Die Premiere ist am 21. Januar 2004.
Angekündigt in diesem
BLOG.

Anna Montanaro als Rosemarie Nitribitt
(c) pressefoto capitol
Nein, nicht das der wirklichen Hure, deren gewaltsamer Tod 1957 die junge Republik erschütterte - sondern das, was wir aus dem Buch von Erich Kuby und natürlich aus dem Film "Das Mädchen Rosemarie" kennen. Die Hauptrolle spielt Anna Montanaro, die dem Düsseldorfer Musicalpublikum schon als Huren-Darstellerin in "Jekyll & Hyde" bekannt ist. Mehr auf der Webseite des Veranstalters:«capitol». Die Premiere ist am 21. Januar 2004.
Angekündigt in diesem
BLOG.

Anna Montanaro als Rosemarie Nitribitt
(c) pressefoto capitol
sehpferd - am Dienstag, 13. Januar 2004, 07:17 - Rubrik: kult und kultur
noch nichts dazu gesagt - etwas dazu sagen
Lust und Genuss sind gute Schwestern - und so lasst uns auch 2004 das Glas heben, den Magen füllen und lustvolle Gedanken haben, auf, dass auf unseren Grabsteinen einmal nicht steht: „Sein Leben war Arbeit" sonder vielleicht „Sie führte ein fröhliches Leben".
Denn bei allem, was wir in Deutschland noch verändern müssen, damit unser Land wieder prosperiert: Mit etwas, das kostenlos ist, könnten wir ja mal anfangen: fröhlicher Lust, fröhlicher Erotik und fröhlichem Sex. Darauf immerhin erhebt Herr Eichel noch keine Steuer.
Wer aber Schlechtes bei der Erotik denkt, der hat kein Schwein, sondern ist vermutlich eines. Ach, schieben wir doch schnell noch eine Zitrone in sein süßes Schnäuzchen und trinken wir noch einen Crémant.
© 2004 by sehpferd
Denn bei allem, was wir in Deutschland noch verändern müssen, damit unser Land wieder prosperiert: Mit etwas, das kostenlos ist, könnten wir ja mal anfangen: fröhlicher Lust, fröhlicher Erotik und fröhlichem Sex. Darauf immerhin erhebt Herr Eichel noch keine Steuer.
Wer aber Schlechtes bei der Erotik denkt, der hat kein Schwein, sondern ist vermutlich eines. Ach, schieben wir doch schnell noch eine Zitrone in sein süßes Schnäuzchen und trinken wir noch einen Crémant.

© 2004 by sehpferd
sehpferd - am Mittwoch, 7. Januar 2004, 22:08 - Rubrik: kult und kultur
noch nichts dazu gesagt - etwas dazu sagen
Wer ist eigentlich erwachsen? Wer sich all seiner Handlungen, Gedanken und Gefühle bewusst ist und bereit, die Verantwortung dafür zu übernehmen? Dann würde sich die Schar der Erwachsenen aus ein paar Weisen und Heuchlern zusammensetzten. Also ist „erwachsen", wer ein bestimmtes Alter überschritten hat, in Stufen: Hier darf er oder sie dies, dort jenes: Die Gesellschaft regelt den Zugang zu Geld, Waren, Arbeit, Lizenzen, Drogen und Sexualität, und sie versucht, Übergriffe auf jene zu vermeiden, die als „minderjährig" eingestuft werden.
Das heutige Volljährigkeitsalter ist 18 Jahre. Als es eingeführt wurde, sprach ich mit einigen jungen Frauen, deren Eltern CDU-Größen in Stuttgart waren: Sie waren dagegen und argumentierten, sich noch nicht als Erwachsen zu fühlen, doch was würden sie fünf oder zehn Jahre später sagen? Ich weiß es nicht, weil ich sie aus den Augen verlor, doch weiß ich eines: Diese Generation war immer eine „Schwellengeneration", eine, die zwar nicht mehr in absoluter Abhängigkeit, aber eben noch nicht zur Unabhängigkeit erzogen wurde: kein Wunder, dass damals gerade das „Borderline-Syndrom" entdeckt oder erfunden wurde: Menschen blieben in einem Zwischenbereich, wollten weder Fisch noch Fleisch werden, hingen im Raum sinnentleerter Gestalten - oder weniger poetisch: Sie dachten gar nicht daran, erwachsen zu werden.
Sagen wir es einmal klar: Kein Mensch, der ohne langjährige Unterbrechung räumlich mit seinen Eltern zusammenlebt, kann ein „Erwachsener" genannt werden, und auch, wer sich gedanklich wie gefühlsmäßig zu sehr an die Eltern bindet, darf sich im Grunde so nennen. Erst, wer sich „emanzipiert", das heißt, von der Hand des Elternhauses losgelassen seine eigene Beschäftigung, seine eigene Wohnung, eigene soziale Umgebung und eine stabile Gedankenwelt aufgebaut hat, verdient es „Erwachsen" genannt zu werden - "miderjährig" sind wir alle, solange wir so handeln.
Wenn wir uns kritisch umsehen, entdecken wir, dass unsere Umwelt ein Lieblingsspiel hat: „Wir Kinder". Ob es die Strampelhosentanten und Onkel sind, die in Wellness-Centern verkehren, oder das Volk mit Terminkalender, die Belegschaft oder das Wahlvolk: Alle spielen dieses Spiel, und wer in die Teams oder Projektgruppen der heutigen Wirtschaft sieht, findet dort seine rabiaten Varianten: "Ruiniere deine Gesundheit oder sie entlassen dich" heißt die schlimmste Variante und „der Staat macht ja doch was er will" die dümmste.
Staat und Gesellschaft sind gerade dabei, scharf zwischen Menschen unter 18 und solchen über 18 zu trennen. Thema ist - wie könnte es anders sein - die Sexualität, die das Lieblingsthema der Kindergartentanten (Pardon: Sozialpädagogen und Pädagoginnen) im Jugendschutz und so könnte es kommen: Wer 17 Jahre und 364 Tage ist, muss geschützt werden, wer seinen 18. Geburtstag feiert, nicht mehr. Freilich ist dies manchen noch nicht schlecht genug: Sie meinen, alle Erwachsenen müssten vor sich selbst geschützt werden, weil ... ja, warum eigentlich? Vielleicht, weil ein paar Pädagogen, Psychologen und Kirchenvertreter meinen, dass nur sie erwachsen sind.
Das heutige Volljährigkeitsalter ist 18 Jahre. Als es eingeführt wurde, sprach ich mit einigen jungen Frauen, deren Eltern CDU-Größen in Stuttgart waren: Sie waren dagegen und argumentierten, sich noch nicht als Erwachsen zu fühlen, doch was würden sie fünf oder zehn Jahre später sagen? Ich weiß es nicht, weil ich sie aus den Augen verlor, doch weiß ich eines: Diese Generation war immer eine „Schwellengeneration", eine, die zwar nicht mehr in absoluter Abhängigkeit, aber eben noch nicht zur Unabhängigkeit erzogen wurde: kein Wunder, dass damals gerade das „Borderline-Syndrom" entdeckt oder erfunden wurde: Menschen blieben in einem Zwischenbereich, wollten weder Fisch noch Fleisch werden, hingen im Raum sinnentleerter Gestalten - oder weniger poetisch: Sie dachten gar nicht daran, erwachsen zu werden.
Sagen wir es einmal klar: Kein Mensch, der ohne langjährige Unterbrechung räumlich mit seinen Eltern zusammenlebt, kann ein „Erwachsener" genannt werden, und auch, wer sich gedanklich wie gefühlsmäßig zu sehr an die Eltern bindet, darf sich im Grunde so nennen. Erst, wer sich „emanzipiert", das heißt, von der Hand des Elternhauses losgelassen seine eigene Beschäftigung, seine eigene Wohnung, eigene soziale Umgebung und eine stabile Gedankenwelt aufgebaut hat, verdient es „Erwachsen" genannt zu werden - "miderjährig" sind wir alle, solange wir so handeln.
Wenn wir uns kritisch umsehen, entdecken wir, dass unsere Umwelt ein Lieblingsspiel hat: „Wir Kinder". Ob es die Strampelhosentanten und Onkel sind, die in Wellness-Centern verkehren, oder das Volk mit Terminkalender, die Belegschaft oder das Wahlvolk: Alle spielen dieses Spiel, und wer in die Teams oder Projektgruppen der heutigen Wirtschaft sieht, findet dort seine rabiaten Varianten: "Ruiniere deine Gesundheit oder sie entlassen dich" heißt die schlimmste Variante und „der Staat macht ja doch was er will" die dümmste.
Staat und Gesellschaft sind gerade dabei, scharf zwischen Menschen unter 18 und solchen über 18 zu trennen. Thema ist - wie könnte es anders sein - die Sexualität, die das Lieblingsthema der Kindergartentanten (Pardon: Sozialpädagogen und Pädagoginnen) im Jugendschutz und so könnte es kommen: Wer 17 Jahre und 364 Tage ist, muss geschützt werden, wer seinen 18. Geburtstag feiert, nicht mehr. Freilich ist dies manchen noch nicht schlecht genug: Sie meinen, alle Erwachsenen müssten vor sich selbst geschützt werden, weil ... ja, warum eigentlich? Vielleicht, weil ein paar Pädagogen, Psychologen und Kirchenvertreter meinen, dass nur sie erwachsen sind.
sehpferd - am Dienstag, 6. Januar 2004, 09:52 - Rubrik: kult und kultur
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Maler sprechen gerne und oft darüber, dass ihre Werke eigentlich niemals wirklich vollendet sind - es gäbe, so meinen sie, eigentlich immer noch etwas daran zu verbessern. Doch letztendlich hören sie auf, weiter daran zu arbeiten: Es ist eben so geworden, wie es geworden ist - irgendwann wird man ein neues Werk beginnen - und dies wird dann vollendet werden können. Da es mit jedem Werk so geht, wird schließlich niemals ein vollendetes Bild geschaffen, und so, wie in der Malerei, ist es in der Kunst immer. Würde man ein Kunstwerk haben, das vollendet ist, man bräuchte keine Künstler mehr.
Auf der anderen Seite stehen Menschen, die stets nach Vollendung streben. Sie wollen eine Welt ohne Hunger, eine Welt ohne Drogen oder auch nur eine Welt ohne Huren. Das mag löblich sein. Doch was, bitte, wollen diese Menschen selbst auf dieser Welt? Sie wissen, dass sie nicht perfekt sein werden, nicht einmal morgen, beim Frühstück, nicht, wenn sie gerecht zu ihren Ehepartnern oder Kinder sein wollen, ja nicht einmal, wenn sie sich durch den Stadtverkehr mogeln.
Unsere Gesellschaft hat jahrelang noch Utopien gestrebt: die vollständige soziale Gerechtigkeit. Nun wird klar, dass es so etwas nicht gibt, denn die Gerechtigkeit wurde längst von Schnorrern aller Schattierungen in „Ansprüche“ umgemünzt. Denn wollten wir gerecht sein, so müssten wir einem "gewöhnlichen" Studenten spätestens mit 25 sagen, er habe sein Studium verfehlt, und ihn nicht gewähren lassen, bis er über 50 ist und alle Staatshilfen in Anspruch nahm, die man sich nur vorstellen kann. Dazu gehört auch, dass die Gesellschaft den Menschen mit Kindern, und auch solchen, die gerne Kinder hätten, dies sagt: Eltern haben auf gar nichts Anspruch – nur die Kinder dürfen Ansprüche haben – auf Zeit, auf Zuwendung und auf Bildung.
So gesehen sind wir alle auf dem falschen Weg. Ich wünsche dennoch allen ein gutes Jahr, die Ansprüche zu haben glauben - und den anderen wünsche ich alles Glück zur Erfüllung eines schönen Lebens.
Auf der anderen Seite stehen Menschen, die stets nach Vollendung streben. Sie wollen eine Welt ohne Hunger, eine Welt ohne Drogen oder auch nur eine Welt ohne Huren. Das mag löblich sein. Doch was, bitte, wollen diese Menschen selbst auf dieser Welt? Sie wissen, dass sie nicht perfekt sein werden, nicht einmal morgen, beim Frühstück, nicht, wenn sie gerecht zu ihren Ehepartnern oder Kinder sein wollen, ja nicht einmal, wenn sie sich durch den Stadtverkehr mogeln.
Unsere Gesellschaft hat jahrelang noch Utopien gestrebt: die vollständige soziale Gerechtigkeit. Nun wird klar, dass es so etwas nicht gibt, denn die Gerechtigkeit wurde längst von Schnorrern aller Schattierungen in „Ansprüche“ umgemünzt. Denn wollten wir gerecht sein, so müssten wir einem "gewöhnlichen" Studenten spätestens mit 25 sagen, er habe sein Studium verfehlt, und ihn nicht gewähren lassen, bis er über 50 ist und alle Staatshilfen in Anspruch nahm, die man sich nur vorstellen kann. Dazu gehört auch, dass die Gesellschaft den Menschen mit Kindern, und auch solchen, die gerne Kinder hätten, dies sagt: Eltern haben auf gar nichts Anspruch – nur die Kinder dürfen Ansprüche haben – auf Zeit, auf Zuwendung und auf Bildung.
So gesehen sind wir alle auf dem falschen Weg. Ich wünsche dennoch allen ein gutes Jahr, die Ansprüche zu haben glauben - und den anderen wünsche ich alles Glück zur Erfüllung eines schönen Lebens.
sehpferd - am Dienstag, 6. Januar 2004, 09:41 - Rubrik: kult und kultur
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Im „Wohnzimmer" habe ich gelesen, dass ein Künstler die „Dekaden des Playboy Magazins" so zusammengefasst hat, das ein „Centerfold" Mädchen jeweils für alle steht, die in eine Dekade fallen. Sehr unterschiedlich fielen die vier Dekaden freilich nicht aus.
Vielleicht können begabte Künstler hier noch mehr versuchen - zum Beispiel das „Mittel" aus der täglichen pornografischen Bilderflut darstellen - ich fürchte, am Ende bleibt nur das Marzipanschweinchenrosa übrig, mit dem die Körper seit Eastmans Zeiten besonders gerne dargestellt werden.
Vielleicht können begabte Künstler hier noch mehr versuchen - zum Beispiel das „Mittel" aus der täglichen pornografischen Bilderflut darstellen - ich fürchte, am Ende bleibt nur das Marzipanschweinchenrosa übrig, mit dem die Körper seit Eastmans Zeiten besonders gerne dargestellt werden.
sehpferd - am Mittwoch, 17. Dezember 2003, 20:35 - Rubrik: kult und kultur
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Wenn man ein Magazin zur Hand nimmt, das sich mit Musikreproduktion beschäftigt, ist man immer wieder überrascht, wie wenig die Musik selbst darin vorkommt. Hat man akzeptiert, dass für die Mehrzahl der Wiedergabepäpste Musik äußerst zweitrangig ist, so erfährt man immer noch staunend, dass auch der Mensch höchst unbedeutend ist: er selbst, seine Erfahrungen mit dem Hören, sein Wohnraum und dessen sonstige Inhalte sind den Hohepriestern der High-End-Religion völlig fremd. Würde man ihnen sagen, dass es Menschen gibt, die ein erotisches Verhältnis zur Musik, ja, zu Stimmen und Instrumenten haben, so würden sie den Autor ansehen wie jemand, der geradeswegs aus einer Parallelwelt gekommen wäre – und so ist es auch.
Im Grunde schreiben diese HiFi-Redakteure nämlich fast nur für große Kinder, die mit leuchtenden Augen stets auf die neueste Technologie schauen – und sich bei dieser Gelegenheit auch mal vom „gemeinen Volk“ abheben wollen.
Umso mehr gefällt diese Seite: Sie diskutiert erst Musik, dann die Wiedergabe, schließlich die dazu nötigen Gerätschaften – und dabei kommt dann dies heraus: „Aber auf alle Fälle muss der Klang der Anlage wirklichkeitsgetreu sein um die Aufnahme wahrheitsgetreu wiederzuspiegeln, d.h. bei höhenbetonten Aufnahmen eben hell und bei basslastigen Aufnahmen eben dumpf. Eine HiFi-Anlage darf nicht immer "schön", "räumlich" oder "angenehm" klingen, da sie ja die Eigenheiten (und Fehler) jeder Aufnahme abbilden soll.“
Wenn nur mehr Menschen so ehrlich wären. Doch auf diese Weise lassen sich eben schwer 5000-Euro-Lautsprecher in 20-qm-Räume verkaufen – da braucht man den händlerüblichen Weihrauch.
Und noch etwas: Eine Google-Abfrage „hifi lautsprecher qualitätskriterien“ bringt ca. 40 Einträge, gibt man jedoch „hifi lautsprecher klangqualität“ ein, so erhält man deren 7600 – das sagt eigentlich schon alles.
Im Grunde schreiben diese HiFi-Redakteure nämlich fast nur für große Kinder, die mit leuchtenden Augen stets auf die neueste Technologie schauen – und sich bei dieser Gelegenheit auch mal vom „gemeinen Volk“ abheben wollen.
Umso mehr gefällt diese Seite: Sie diskutiert erst Musik, dann die Wiedergabe, schließlich die dazu nötigen Gerätschaften – und dabei kommt dann dies heraus: „Aber auf alle Fälle muss der Klang der Anlage wirklichkeitsgetreu sein um die Aufnahme wahrheitsgetreu wiederzuspiegeln, d.h. bei höhenbetonten Aufnahmen eben hell und bei basslastigen Aufnahmen eben dumpf. Eine HiFi-Anlage darf nicht immer "schön", "räumlich" oder "angenehm" klingen, da sie ja die Eigenheiten (und Fehler) jeder Aufnahme abbilden soll.“
Wenn nur mehr Menschen so ehrlich wären. Doch auf diese Weise lassen sich eben schwer 5000-Euro-Lautsprecher in 20-qm-Räume verkaufen – da braucht man den händlerüblichen Weihrauch.
Und noch etwas: Eine Google-Abfrage „hifi lautsprecher qualitätskriterien“ bringt ca. 40 Einträge, gibt man jedoch „hifi lautsprecher klangqualität“ ein, so erhält man deren 7600 – das sagt eigentlich schon alles.
sehpferd - am Dienstag, 16. Dezember 2003, 16:53 - Rubrik: kult und kultur
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Vor lauter vorfabrizierten Geschichten zum Advent habe ich doch völlig vergessen, auf eines der wichtigsten Feste für Skandinavien hinzuweisen: das Luciafest. Es ist ein bisschen umstritten, wie die katholische Heilige ins lutherische Skandinavien kam, aber eines ist sicher: Mindestens in Schweden und den schwedischsprachigen Landesteilen von Finnland ist Lucia einer der wichtigsten Weihnachtsfeiertage, immer am 13. Dezember und immer mit einer schönen, strahlenden Lichterkönigin: Fast alle skandinavischen Mädchen wollen einmal in ihrem Leben die offizielle Lucia ihres Heimatortes sein.
Gefeiert wird es als Lichtfest – eine erste Hoffnung auf die Beendigung der langen Winternächte, die in vielen Gegenden von 15 Uhr am Nachmittag bis fast 10 Uhr am Morgen gehen. Lucia kommt ähnlich wie eine schlicht gekleidete Braut daher, in weiß, mit einem Lichterkranz im Blondhaar. Man singt das Lucialied und selbstverständlich auch Weihnachtslieder, trinkt Glühwein und Kaffee und freut sich über das viele Licht – bald wird die schreckliche Zeit der Finsternis vorbei sein.
Eine alte Tradition ist das alles nicht: Erst seit den 30er Jahren feiert Schweden das Luciafest.
Gefeiert wird es als Lichtfest – eine erste Hoffnung auf die Beendigung der langen Winternächte, die in vielen Gegenden von 15 Uhr am Nachmittag bis fast 10 Uhr am Morgen gehen. Lucia kommt ähnlich wie eine schlicht gekleidete Braut daher, in weiß, mit einem Lichterkranz im Blondhaar. Man singt das Lucialied und selbstverständlich auch Weihnachtslieder, trinkt Glühwein und Kaffee und freut sich über das viele Licht – bald wird die schreckliche Zeit der Finsternis vorbei sein.
Eine alte Tradition ist das alles nicht: Erst seit den 30er Jahren feiert Schweden das Luciafest.
sehpferd - am Sonntag, 14. Dezember 2003, 08:45 - Rubrik: kult und kultur
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Den Norddeutschen wünscht man einen fleißigen Weihnachtsmann, dem Süddeutschen ein gütiges Christkind: Der Unterschied besteht im Wesentlichen darin, dass ein Christkind ein spät pubertierendes Mädchen im Nachthemd ist, dem man Engelsflügel gab, während der Weihnachtsmann ein älterer männlicher Verwandter im Morgenmantel ist, den man mit Bart, Sack und Rute ausstattet.
Wo immer die beiden ihre Ursprünge haben: Volkes Tradition sichert ihre Existenz über den Tag hinaus, obwohl weltweit nur der Weihnachtsmann zählt: Der Ho-Ho-Hoht von Alaska bis Südafrika, und je nordischer die Tradition ist, umso raubauziger kommt er daher.
Doch was singen die Menschen zu Weihnachten (so schön, so laut, so falsch)? Richtig: von Engeln, vom Christkind, dessen Wiege im Schnee steht, weil es in Palästina ständig schneit, und von den Hirten, den Engeln und drei buntbetuchten Herren aus dem Morgenland.
Zwar werden die Eltern selten vergessen, doch bleibt bis heute die Frage, warum die irdischen Vorfahren des Zimmermanns Josef so eisern durchforscht werden, wenn das Kind gar nicht von ihm war – eines der ungeklärten Mysterien des Glaubens, dem die Christen huldigen.
Wie auch immer, irgendeiner der Weihnachtsliederschreiber ließ sich dann doch mal herab, das zu erwähnen, wozu der Mann denn nun geboren wurde: als Messias. Und dann singen die Leute (abermals so schön, so laut so falsch): Chris de Redda ist da. Mindest rettet sein Fest alljährlich den Umsatz des Handels.
Auszug ("Stille nacht, heilige Nacht")
"Christ, der Retter ist da, Christ, der Retter ist da!"
Wo immer die beiden ihre Ursprünge haben: Volkes Tradition sichert ihre Existenz über den Tag hinaus, obwohl weltweit nur der Weihnachtsmann zählt: Der Ho-Ho-Hoht von Alaska bis Südafrika, und je nordischer die Tradition ist, umso raubauziger kommt er daher.
Doch was singen die Menschen zu Weihnachten (so schön, so laut, so falsch)? Richtig: von Engeln, vom Christkind, dessen Wiege im Schnee steht, weil es in Palästina ständig schneit, und von den Hirten, den Engeln und drei buntbetuchten Herren aus dem Morgenland.
Zwar werden die Eltern selten vergessen, doch bleibt bis heute die Frage, warum die irdischen Vorfahren des Zimmermanns Josef so eisern durchforscht werden, wenn das Kind gar nicht von ihm war – eines der ungeklärten Mysterien des Glaubens, dem die Christen huldigen.
Wie auch immer, irgendeiner der Weihnachtsliederschreiber ließ sich dann doch mal herab, das zu erwähnen, wozu der Mann denn nun geboren wurde: als Messias. Und dann singen die Leute (abermals so schön, so laut so falsch): Chris de Redda ist da. Mindest rettet sein Fest alljährlich den Umsatz des Handels.
Auszug ("Stille nacht, heilige Nacht")
"Christ, der Retter ist da, Christ, der Retter ist da!"
sehpferd - am Sonntag, 30. November 2003, 22:11 - Rubrik: kult und kultur
noch nichts dazu gesagt - etwas dazu sagen
Christkind
Wer in Norddeutschland geboren ist, wird natürlich nie verstehen, was ein Christkind ist, außer das es alle Jahre wieder kommt. Genau genommen heißt es im Weihnachtslied zwar, dass das Christuskind kommt, aber das „us“ ist hier eigentlich fehl am Platze, denn das Christkind kommt natürlich ohne „us“, schon allein deswegen, weil es weiblich ist.
Die Erklärungsversuche, so sie denn nicht christlich motiviert sind, enden denn auch genau wie beim Weihnachtsmann: Denkt euch, ich habe das Christkind gesehen oder von drauß' vom Walde komm ich her … die Legenden sind austauschbar, die Kostüme nicht: Das Christkind kommt weiblich, jung, hell und mild daher, der Weihnachtsmann männlich, alt, dunkel und bärbeißig.
Wie dem auch sei: Soeben lernte ich, dass es auch Job ist: Für jeweils zwei Jahre schreibt die Stadt Nürnberg die Stelle eines Christkindels aus, um für den gleichnamigen Markt zu werben - und weil es trotz Weihnachtsstimmung auch für ein Christkind manchmal rau zugehen kann, sollte sie mindestens sechzehn, wegen der Glaubwürdigkeit jedoch höchstens 19 Jahre alt sein, und vor allem soll es natürlich „aus dem Volke" kommen - was immer „das Volk" gerade ist.
noch 2 Tage bis zu Sehpferds erotischem Adventsbegleiter ...
English in short:
Do you think a “Christkind” is a German word for Christ in his childhood? No, it is not. Like Father Christmas, who visits the children of the world every year, the “Christkind” comes down to earth on Christmas Eve: female, about 12 to 16 years, and usually dressed in a white night gown. In Nuremberg she is employed for two years: but in this case, she must be between 16 and 19 years of age - and a genuine Bavarian Girl.
Wer in Norddeutschland geboren ist, wird natürlich nie verstehen, was ein Christkind ist, außer das es alle Jahre wieder kommt. Genau genommen heißt es im Weihnachtslied zwar, dass das Christuskind kommt, aber das „us“ ist hier eigentlich fehl am Platze, denn das Christkind kommt natürlich ohne „us“, schon allein deswegen, weil es weiblich ist.
Die Erklärungsversuche, so sie denn nicht christlich motiviert sind, enden denn auch genau wie beim Weihnachtsmann: Denkt euch, ich habe das Christkind gesehen oder von drauß' vom Walde komm ich her … die Legenden sind austauschbar, die Kostüme nicht: Das Christkind kommt weiblich, jung, hell und mild daher, der Weihnachtsmann männlich, alt, dunkel und bärbeißig.
Wie dem auch sei: Soeben lernte ich, dass es auch Job ist: Für jeweils zwei Jahre schreibt die Stadt Nürnberg die Stelle eines Christkindels aus, um für den gleichnamigen Markt zu werben - und weil es trotz Weihnachtsstimmung auch für ein Christkind manchmal rau zugehen kann, sollte sie mindestens sechzehn, wegen der Glaubwürdigkeit jedoch höchstens 19 Jahre alt sein, und vor allem soll es natürlich „aus dem Volke" kommen - was immer „das Volk" gerade ist.
noch 2 Tage bis zu Sehpferds erotischem Adventsbegleiter ...
English in short:
Do you think a “Christkind” is a German word for Christ in his childhood? No, it is not. Like Father Christmas, who visits the children of the world every year, the “Christkind” comes down to earth on Christmas Eve: female, about 12 to 16 years, and usually dressed in a white night gown. In Nuremberg she is employed for two years: but in this case, she must be between 16 and 19 years of age - and a genuine Bavarian Girl.
sehpferd - am Samstag, 29. November 2003, 21:34 - Rubrik: kult und kultur
noch nichts dazu gesagt - etwas dazu sagen