kult und kultur
Wenn Deutsche als überwiegend leidlich gebildete, aber dennoch dreiste Hohlköpfe gelten, dann ist das Zweite Deutsche Fernsehen ihre Bildungsanstalt. Da verlautet aus dem Sender doch tatsächlich, dass „Martin Luther den Sprung vom sechsten auf den zweiten Platz geschafft“ habe. Wo? Nun, bei den „größten Deutschen“ natürlich“. Was das ist? Eine Unterhaltungschau übelster Machart, bei der als Gipfel der Geschmacklosigkeit demnächst Widerstandskämpfer gegen Komponisten antreten: So will man den größten Deutschen ermitteln.
Und die Anstalt, aus der solcher Unfug verbreitet wird? Die lobsabbert sich von oben bis unten voll, allen voran der Herr Programmdirektor: Der meint, nun könnten wir doch mal wieder sehen, „welche Faszination euch heute noch vom Thema Kultur ausgeht“. Klar, lieber Herr Dr. Bellot, nur dass es eben keine Kultur ist, was das ZDF da verbricht, sondern eine „systematische Spekulation der Fernsehsender auf die Dummheit des Zuschauers“, meine nicht ich – meinte Jens Jessen in der Wochenzeitschrift „Die Zeit“.
Besser hat es schon ZDF-Kulturchef Hillrichs ausgedrückt: Er nennt die Marmeladenshow, in die alles hinein durfte, was man an Kultur gerochen hat, ein „Gesellschaftsspiel“. Damit zeigt er nachdrücklich, was diese Gesellschaft noch Wert ist: Ein Kindergarten, der Gesellschaft spielt und dabei mit Kulturmarmelade kleckert, so viel, dass die Kleidung verspritzt, und so billig, dass man nicht auf ein Löffelchen achten muss.
Zum Abschluss tritt ein gewisser „Johann Sebastian Bach“ gegen die „Geschwister Scholl“ an. Niemand beim ZDF schämt sich dafür, so etwas zu senden, im Gegenteil. Hoffentlich nehmen wenigstens noch ein paar Leute wahr, dass das Ganze nicht mit Kultur, sondern etwas mit schlechtem Geschmack zu tun hat. Aber vielleicht auch nicht mehr: Wenn 2,6 Millionen Deutsche die Sendung sehen, wie das ZDF behauptet, heißt das, dass 2.600.000 Deutschen die Kultur bereits entglitten ist. Sie sind bereits auf der niedrigsten menschlichen Entwicklungsstufe angekommen: Der des Fernsehkonsumenten.
Und die Anstalt, aus der solcher Unfug verbreitet wird? Die lobsabbert sich von oben bis unten voll, allen voran der Herr Programmdirektor: Der meint, nun könnten wir doch mal wieder sehen, „welche Faszination euch heute noch vom Thema Kultur ausgeht“. Klar, lieber Herr Dr. Bellot, nur dass es eben keine Kultur ist, was das ZDF da verbricht, sondern eine „systematische Spekulation der Fernsehsender auf die Dummheit des Zuschauers“, meine nicht ich – meinte Jens Jessen in der Wochenzeitschrift „Die Zeit“.
Besser hat es schon ZDF-Kulturchef Hillrichs ausgedrückt: Er nennt die Marmeladenshow, in die alles hinein durfte, was man an Kultur gerochen hat, ein „Gesellschaftsspiel“. Damit zeigt er nachdrücklich, was diese Gesellschaft noch Wert ist: Ein Kindergarten, der Gesellschaft spielt und dabei mit Kulturmarmelade kleckert, so viel, dass die Kleidung verspritzt, und so billig, dass man nicht auf ein Löffelchen achten muss.
Zum Abschluss tritt ein gewisser „Johann Sebastian Bach“ gegen die „Geschwister Scholl“ an. Niemand beim ZDF schämt sich dafür, so etwas zu senden, im Gegenteil. Hoffentlich nehmen wenigstens noch ein paar Leute wahr, dass das Ganze nicht mit Kultur, sondern etwas mit schlechtem Geschmack zu tun hat. Aber vielleicht auch nicht mehr: Wenn 2,6 Millionen Deutsche die Sendung sehen, wie das ZDF behauptet, heißt das, dass 2.600.000 Deutschen die Kultur bereits entglitten ist. Sie sind bereits auf der niedrigsten menschlichen Entwicklungsstufe angekommen: Der des Fernsehkonsumenten.
sehpferd - am Dienstag, 25. November 2003, 12:06 - Rubrik: kult und kultur
noch nichts dazu gesagt - etwas dazu sagen
Die „Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung“ führt jelejentlich eine Sonderseite, die von der RheinMainMedia gesponsert, jerade so aussieht, als käme sie aus der Redaktion der FAS. Weihnachten? Dachten sich deren Redakteure, da jibt’s nur eins: Joethe, so nach dem Motto „Joethe jeht imma“.
Also muss der jeheime Rat Johann Wolfgang Freiherr von Joethe mal wieder herreichen, um Weihnachten an den Mann zu bringen: „Der Geheimrat unterm Tannebaum“, dichtete dar anonyme Autor, und schrieb vor allem, dass der Jeheimrat viel fraß und soff und selten dort war, wo ihn Frauchen erwartete: Nicht einmal zu Weihnachten. Jroßmutter musste stimmungshalber aushelfen, wo Joethen fehlte: Konfekt, seidene Strümpfe und Spitzen brachten Mädchenherzen zum verzücken, während Joethe-Sohn Justl Lust auf Zinnsoldaten hatte, die es auch jab.
Was es nicht jab: so ein schlichte nette Jiullotine, mit der die Franzosen denen die Köpfe abjemacht haben, die darunter lajen. Zwar verlangte Joethen von seiner Mutter, sie möge doch mal Ausschau halten, ob es nicht so was jebe, doch die sagte einfach: jibt es nicht. Punkt.
Was wir aber seither wissen: Nach mannigfacher Zeitzeugenquelle erfuhr RheinMainMedia, dass „der Alte viel sprach und nicht wenig trank“, und an anderer Stelle und im Zeugnis eines anderen Chronisten fraß er zum Dessert schweizerischen oder englischen Käse, wozu er „fleißig trank“, und letztlich will ihn ein weiterer Zeuge des Morgens jesehen haben, wie er sich wieder den Ranzen vollschug: Eine Riesenportion Napfkuchen war es, und verzehrt wurde sie zu Wein.
Was lernen wir draus? Nichts. Hoffentlich. Außer, dass Sehpferd einen Deutschlehrer hatte, oder besser in diesem Fall: jehabt hatte, für den es janz normal war, „Joethe“ zu sajen.
Also muss der jeheime Rat Johann Wolfgang Freiherr von Joethe mal wieder herreichen, um Weihnachten an den Mann zu bringen: „Der Geheimrat unterm Tannebaum“, dichtete dar anonyme Autor, und schrieb vor allem, dass der Jeheimrat viel fraß und soff und selten dort war, wo ihn Frauchen erwartete: Nicht einmal zu Weihnachten. Jroßmutter musste stimmungshalber aushelfen, wo Joethen fehlte: Konfekt, seidene Strümpfe und Spitzen brachten Mädchenherzen zum verzücken, während Joethe-Sohn Justl Lust auf Zinnsoldaten hatte, die es auch jab.
Was es nicht jab: so ein schlichte nette Jiullotine, mit der die Franzosen denen die Köpfe abjemacht haben, die darunter lajen. Zwar verlangte Joethen von seiner Mutter, sie möge doch mal Ausschau halten, ob es nicht so was jebe, doch die sagte einfach: jibt es nicht. Punkt.
Was wir aber seither wissen: Nach mannigfacher Zeitzeugenquelle erfuhr RheinMainMedia, dass „der Alte viel sprach und nicht wenig trank“, und an anderer Stelle und im Zeugnis eines anderen Chronisten fraß er zum Dessert schweizerischen oder englischen Käse, wozu er „fleißig trank“, und letztlich will ihn ein weiterer Zeuge des Morgens jesehen haben, wie er sich wieder den Ranzen vollschug: Eine Riesenportion Napfkuchen war es, und verzehrt wurde sie zu Wein.
Was lernen wir draus? Nichts. Hoffentlich. Außer, dass Sehpferd einen Deutschlehrer hatte, oder besser in diesem Fall: jehabt hatte, für den es janz normal war, „Joethe“ zu sajen.
sehpferd - am Dienstag, 25. November 2003, 12:03 - Rubrik: kult und kultur
noch nichts dazu gesagt - etwas dazu sagen
Ich habe mich in den letzten Tagen sehr intensiv mit zwei Reden beschäftigt: der des Fuldaer Bundestagsabgeordneten Hohmann, der diese Rede noch als CDU-Abgeordneter gehalten hat und der der Kölner Erzbischofs Meisner, die in Budapest gehalten wurde. Beide wurden in der Presse heftig diskutierte, wobei die meisten Leser die Inhalte niemals kennen gelernt haben: Wer kein Internet hat, kann beide nicht lesen, wer es hat, macht sich offenbar kaum die Mühe.
Soweit zu den Menschen, die niemals Originalreden lesen. Denjenigen aber, die es behaupten, fehlt offenbar die Fähigkeit zu lesen. Sie können vielleicht noch einzelne Wörter lesen und zusammenhängende Sätze erkennen, doch kann man diesen Prozess schwerlich als „Lesen“ bezeichnen. Dann wäre „Hören“ auch teilnahmslos dasitzen, einige Wörter erkennen und noch einen Satz wahrnehmen.
Lesen bedeutet, soweit ich mich erinnere, einen Sinnzusammenhang in dem zu erkennen, was geschrieben wird – doch genau das ist es, woran es den heutigen Menschen mangelt. Da schreiben zum Beispiel „Anseher“ der Meisner-Rede, sie haben nicht erkennen können, wo sich der Bischoff in verletzender Weise gegen Homosexuelle geäußert habe – und ich selbst kann nicht umhin, zuzugeben, dass ich es beim ersten „Querlesen“ auch nicht verstanden habe. Man muss aber lesen, um verstehen zu wollen, was der Autor meint, sonst braucht man gar nicht erst anzufangen. So musste denn auch ich ein zweites Mal kritsicher lesen: Sätze stehen ja nicht in einer zufälligen Reihenfolge, sondern sollen genau so, wie sie geschrieben werden, eine bestimmte Wirkung im Zuhörer oder Leser erzeugen. Doch da zeigt sich ein zweiter Mangel: Deutsche können offenbar weder in Sinnzusammenhängen lesen, sie verstehen auch nichts von Kommunikation oder Rhetorik. Das ist zwar ein Bildungsmangel, aber einer, den deutsche Schulen sehr gerne in kauf nehmen.
Der Deutsche hat aber einen Sündebock, um seine Mängel zu kaschieren: die Presse. Ohne eigentlich zu wissen, was die Presse ist und wie sie arbeitet, werden dumme und dreiste Behauptungen aufgestellt, sie sei „einseitig" oder „linkslastig" oder, wie jetzt in einem Forumsbeitrag gefunden, eine „linksgesteuerte Lizenzpresse"
Nun, dass Deutsche also nicht lesen können, fällt es den Rednern und Schreibern unsäglicher Reden tatsächlich leicht, diese zu veröffentlichen, und sich dann mit Biedermanngesicht hinzustellen und zu sagen: „Seht, doch alles ganz harmlos, nicht?" Ja, sie können den besonders Dummen unter den Lesern sogar noch erklären, „die Presse" habe sie falsch zitiert oder alle Zitate seien aus dem Zusammenhang gerissen oder das, was sie in die Rede bewusst hineingelegt haben, sei am Ende falsch verstanden worden.
Bleiben drei Fragen:
Erstens, warum lernen Deutsche nicht lesen – sie gehen doch zur Schule?
Zweitens, warum lernen Deutsche so wenig über Rhetorik und Kommunikation?
Drittens: Warum schreibe ich dann eigentlich noch?
Soweit zu den Menschen, die niemals Originalreden lesen. Denjenigen aber, die es behaupten, fehlt offenbar die Fähigkeit zu lesen. Sie können vielleicht noch einzelne Wörter lesen und zusammenhängende Sätze erkennen, doch kann man diesen Prozess schwerlich als „Lesen“ bezeichnen. Dann wäre „Hören“ auch teilnahmslos dasitzen, einige Wörter erkennen und noch einen Satz wahrnehmen.
Lesen bedeutet, soweit ich mich erinnere, einen Sinnzusammenhang in dem zu erkennen, was geschrieben wird – doch genau das ist es, woran es den heutigen Menschen mangelt. Da schreiben zum Beispiel „Anseher“ der Meisner-Rede, sie haben nicht erkennen können, wo sich der Bischoff in verletzender Weise gegen Homosexuelle geäußert habe – und ich selbst kann nicht umhin, zuzugeben, dass ich es beim ersten „Querlesen“ auch nicht verstanden habe. Man muss aber lesen, um verstehen zu wollen, was der Autor meint, sonst braucht man gar nicht erst anzufangen. So musste denn auch ich ein zweites Mal kritsicher lesen: Sätze stehen ja nicht in einer zufälligen Reihenfolge, sondern sollen genau so, wie sie geschrieben werden, eine bestimmte Wirkung im Zuhörer oder Leser erzeugen. Doch da zeigt sich ein zweiter Mangel: Deutsche können offenbar weder in Sinnzusammenhängen lesen, sie verstehen auch nichts von Kommunikation oder Rhetorik. Das ist zwar ein Bildungsmangel, aber einer, den deutsche Schulen sehr gerne in kauf nehmen.
Der Deutsche hat aber einen Sündebock, um seine Mängel zu kaschieren: die Presse. Ohne eigentlich zu wissen, was die Presse ist und wie sie arbeitet, werden dumme und dreiste Behauptungen aufgestellt, sie sei „einseitig" oder „linkslastig" oder, wie jetzt in einem Forumsbeitrag gefunden, eine „linksgesteuerte Lizenzpresse"
Nun, dass Deutsche also nicht lesen können, fällt es den Rednern und Schreibern unsäglicher Reden tatsächlich leicht, diese zu veröffentlichen, und sich dann mit Biedermanngesicht hinzustellen und zu sagen: „Seht, doch alles ganz harmlos, nicht?" Ja, sie können den besonders Dummen unter den Lesern sogar noch erklären, „die Presse" habe sie falsch zitiert oder alle Zitate seien aus dem Zusammenhang gerissen oder das, was sie in die Rede bewusst hineingelegt haben, sei am Ende falsch verstanden worden.
Bleiben drei Fragen:
Erstens, warum lernen Deutsche nicht lesen – sie gehen doch zur Schule?
Zweitens, warum lernen Deutsche so wenig über Rhetorik und Kommunikation?
Drittens: Warum schreibe ich dann eigentlich noch?
sehpferd - am Sonntag, 16. November 2003, 09:25 - Rubrik: kult und kultur
Ich wusste, dass es eine Rotkäppchen-Geschichte aus der Gruppe „Die Schöne und das Biest" gibt, die ich noch nicht kannte. Jetzt habe ich sie gefunden, aber meine Träne im Knopfloch sagt mir: Die bringst du aus Gründen des Jugendschutzes lieber nicht: Denn was schon der französische Dichter Charles Perrault zwischen den Zeilen sagte, wird dort „auf eine biblische Art" dargestellt, wie der Engländer sagt ... so deutlich, dass ich nur wage, einen Ausschnitt zu zeigen.

(c) sorry, unknown web source

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sehpferd - am Samstag, 15. November 2003, 22:58 - Rubrik: kult und kultur
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Einst habe ich ja mal gelernt, dass ein gewisser Herr Freud zu Wien dem "Ich" zur Dreifaltigkeit verholfen hat: Da kam Söhnchen „Es“ und Väterchen „Über-Ich“ dazu. Nun, das hat man ja eine Weile so mitgeschleppt, bis es dann durch Eric Berne populistisch wurde: Seither ist die Chose fest in der Hand der Persönlichkeitstrainer.
Oh, ich erinnere mich auch noch gut an jene Zeit, als man sein „Selbst“ wohl finden musste – nein, ich zitiere gerade keinen deutschen Mystiker, sondern die Frontmänner der „Humanistischen Psychologie“ - oder, um präziser zu sein, ihre unterwürfigen Dienerinnen und Diener.
Heute bin ich froh, dass man wieder von der „Persönlichkeit“ spricht. Die war mir, mit Verlaub, schon immer lieber – lieber noch als das herumwuselnde „Ich“.
Oh, ich erinnere mich auch noch gut an jene Zeit, als man sein „Selbst“ wohl finden musste – nein, ich zitiere gerade keinen deutschen Mystiker, sondern die Frontmänner der „Humanistischen Psychologie“ - oder, um präziser zu sein, ihre unterwürfigen Dienerinnen und Diener.
Heute bin ich froh, dass man wieder von der „Persönlichkeit“ spricht. Die war mir, mit Verlaub, schon immer lieber – lieber noch als das herumwuselnde „Ich“.
sehpferd - am Samstag, 15. November 2003, 20:37 - Rubrik: kult und kultur
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Ist Ihnen eigentlich schon aufgefallen, wie viele karitative Organisationen, aber auch ganz gewöhnliche Vereine, Schulen und andere Organisationen Aktfotokalender herausgeben?
Nein? Dann sollten sie einmal auf dieser Webseite (in englischer Sprache) nachsehen, wo ein Enthusiast einige dieser Kalender zusammengestellt hat: die Pressequellen, von denen er es erfuhr, die Webseiten der Organisationen und schließlich auch, wo man sie kaufen kann.
Nein? Dann sollten sie einmal auf dieser Webseite (in englischer Sprache) nachsehen, wo ein Enthusiast einige dieser Kalender zusammengestellt hat: die Pressequellen, von denen er es erfuhr, die Webseiten der Organisationen und schließlich auch, wo man sie kaufen kann.
sehpferd - am Samstag, 15. November 2003, 10:44 - Rubrik: kult und kultur
noch nichts dazu gesagt - etwas dazu sagen
Wer bürgerlich aufgewachsen ist, der weiß, dass Dienstpersonal niedere Arbeiten verrichtet, als müssen Dienstleistungen zwangsläufig etwas minderwertiges sein. Wächst die Bürgertochter oder das Bürgersöhnchen auf, so ist ihr oder ihm deshalb von vornherein klar: Es gibt Berufe, in denen arbeitet „man“ nicht. Man wird also keine Dienstmagd, keine Bedienung und keine Hure.
Nun reicht es freilich nicht aus, nur abfällig herabzublicken auf das Volk der Dienenden, man muss es auch noch diffamieren: Keine Dienstmagd, die nicht von ihrer Herrschaft wegen irgend welche Kleinigkeiten gerüffelt worden wäre, keine Bedienung; Der nicht schon einmal „lahme Ente“ nachgerufen wurde, und keine Hure, auf deren „kümmerliche und erbärmliche“ Existenz gespuckt wurde.
Bei letzteren freilich wird der Gutmenschen gnädiges Erbarmen herausgekehrt: sie sind ja, wie man aus einschlägigen „SPIEGEL“-Artikeln und dem dankbar und kritiklos nachgedruckten Polizeiberichten weiß, nichts als Opfer: angeworben unter einem Vorwand im Ausland, hier von brutalen (selbstverständlich immer männlichen) Zuhältern zur Prostitution gezwungen, kaum fähig, sich zu Artikulieren und in ständiger Angst davor, misshandelt zu werden. Ja, das gibt es. Es betrifft Frauen, die illegal nach Deutschland eingewandert sind, und häufig wurden sie tatsächlich „geschleust“.
Dabei wird gerne übersehen, wie viele andere es gibt: Frauen, die ganz offensichtlich Huren sind, weil sie sich dafür entschieden haben. Doch sie werden ebenfalls diffamiert, mit jenen anderen in einen Topf geworfen: Man gibt seinen Körper nicht einfach hin. Jedenfalls nicht für Bargeld. Keine anständige Frau tut so etwas.
Morgen wird wieder irgendwo in Deutschland eine Anzeige erscheinen: „Etwas anspruchsvolle Mädchenfrau, 29, sucht …“. Nein, man gibt sich nicht hin für bares Geld. Nur für die uneingeschränkte Nutzung einer fremdem Kreditkarte.
Nun reicht es freilich nicht aus, nur abfällig herabzublicken auf das Volk der Dienenden, man muss es auch noch diffamieren: Keine Dienstmagd, die nicht von ihrer Herrschaft wegen irgend welche Kleinigkeiten gerüffelt worden wäre, keine Bedienung; Der nicht schon einmal „lahme Ente“ nachgerufen wurde, und keine Hure, auf deren „kümmerliche und erbärmliche“ Existenz gespuckt wurde.
Bei letzteren freilich wird der Gutmenschen gnädiges Erbarmen herausgekehrt: sie sind ja, wie man aus einschlägigen „SPIEGEL“-Artikeln und dem dankbar und kritiklos nachgedruckten Polizeiberichten weiß, nichts als Opfer: angeworben unter einem Vorwand im Ausland, hier von brutalen (selbstverständlich immer männlichen) Zuhältern zur Prostitution gezwungen, kaum fähig, sich zu Artikulieren und in ständiger Angst davor, misshandelt zu werden. Ja, das gibt es. Es betrifft Frauen, die illegal nach Deutschland eingewandert sind, und häufig wurden sie tatsächlich „geschleust“.
Dabei wird gerne übersehen, wie viele andere es gibt: Frauen, die ganz offensichtlich Huren sind, weil sie sich dafür entschieden haben. Doch sie werden ebenfalls diffamiert, mit jenen anderen in einen Topf geworfen: Man gibt seinen Körper nicht einfach hin. Jedenfalls nicht für Bargeld. Keine anständige Frau tut so etwas.
Morgen wird wieder irgendwo in Deutschland eine Anzeige erscheinen: „Etwas anspruchsvolle Mädchenfrau, 29, sucht …“. Nein, man gibt sich nicht hin für bares Geld. Nur für die uneingeschränkte Nutzung einer fremdem Kreditkarte.
sehpferd - am Mittwoch, 12. November 2003, 17:48 - Rubrik: kult und kultur
noch nichts dazu gesagt - etwas dazu sagen
Mit dem Programm „Alles Schlampen außer Mutti“ tingeln gegenwärtig Lisa Fitz und Sohn Neppo durch die Lande: Und siehe, der Apfel fällt nicht weit vom Baum, denn auch der klavierspielende Sohnemann hat gelernt, wie man mit dem Kabarett umgeht, und so sagt er über Frauen: „Die Gscheiten sind anstrengend und die Dummen nerven“. Noch etwas mehr zur „Schneckenplage“ und über die Veranstaltung schrieb CLAUDIA MANN für die „Backnager Kreiszeitung“.
sehpferd - am Montag, 10. November 2003, 22:18 - Rubrik: kult und kultur
noch nichts dazu gesagt - etwas dazu sagen
Wann immer ich ein erotisches Thema angehe, vergewissere ich mich, was man früher darüber gedacht hat, und ich werde fast immer fündig in der 1962 erschienen „Modernen Enzyklopädie der Erotik". Nach ihr ist Pornografie zunächst eine „Abhandlung über die Prostitution" sowie "die Beschreibung der Prostituierten im Zusammenhang mit der öffentlichen Hygiene". Sodann sind es obszöne Bilder und schließlich, zum Dritten, das Obszöne ganz allgemein.
Zitiert wird dann D. H. Lawrence, der geschrieben hat: „Selbst kluge Köpfe können nicht die Erotik von der Pornografie trennen; sie sehen nicht, dass es sich bei Suggestion, Anspielung, Erwartung bis zum Wahnsinn um Erotik handelt; sobald sich Sex in obszöner Weise zeigt und nicht symbolisch oder dekorativ bliebt, sind wir in der abgeschlossen und traurigen Welt der Pornografie“.
Zu dem Zeitpunkt, als dies geschrieben wurde, war erotische Literatur in Deutschland nur schwer zugänglich, pornografische jedoch meist gar nicht. Der Unterschied besteht und bestand vor allem darin, dass auch die „härtesten“ Bücher und Schriften immer noch die Umsetzung des Beschriebenen ins Hirn verlangen, wozu so gut wie immer eine Art Verführung durch Worte nötig ist. Bei Fotos oder gar Filmen kann dies ebenso der Fall sein, doch wird der Sex eben häufig so direkt, unmittelbar und schrankenlos gezeigt, dass der Fantasie kaum noch Spielraum bleibt – das ist dann eindeutig Pornografie.
Inzwischen haben sich durch die Möglichkeiten, die das Internet bietet, solche offensiven pornografischen Fotos vieltausendfach verbreitet: Meist werden sie nach Genres aufgeteilt und auch so abgerufen, während Qualitätskriterien meist kaum eine Rolle spielen.
Betrachtet man die Bilder, so ist schwer vorstellbar, dass Männer die dort dargestellten Frauen wegen ihrer Schönheit und Makellosigkeit begehren, wie oft behauptet wird. Wirklich „lupenrein schön" sind die Darstellerinnen überwiegend in amerikanischen, französischen und italienischen Filmproduktionen, während in der Internet-Pornografie durchaus durchschnittlich aussehende Frauen dargestellt werden. Diese Frauen fallen nicht so sehr durch ihr Aussehen auf als durch ihre sexuelle Bereitwilligkeit - sie erfüllen sozusagen den Männertraum von der sexuellen „Verfügbarkeit".
Kehren wir zurück in die Realität, so werden wir finden, dass Männer gar nicht die „lupenrein schöne“ Frau suchen, und zwar weder für ein Abenteuer noch für eine Beziehung. Für die Lust ziehen Männer vielmehr die erotische Frau vor, die auch von sich aus die Initiative zur Verführung ergreift, während sie für Beziehungen eher die verlässliche Frau suchen.
In der Praxis ehelicher Schlafzimmer zeigt sich nun freilich, dass dem Wunsch der Männer nach Verführung kaum entsprochen wird: Frauen wollen, im Gegenteil, auch nach vielen Ehejahren noch verführt werden, und dies auch dann, wenn sie kaum etwas daran tun, attraktiv zu sein.
Das geht auf Dauer nicht gut: Der Verführer für die Frau wird heute noch gratis von außerhalb kommen, während der Mann sich aufs Bezahlen verlegen wird, wenn er sinnlich verführt werden will. Anzustreben ist dieser Zustand nicht, doch kommen wir auch an den Realitäten nicht vorbei: Die Foren im Internet sind voll von Beschwerden, dass Männer das erotische Interesse an ihren Frauen verlieren, während sich die Frauen auf das Heftigste dagegen wehren, aktive Verführerinnen zu werden.
Möglich, dass Pornografie den Blick vieler Männer verstellt – doch könnte es ebenso möglich sein, dass die moderne Frau, die vom „Heimchen am Herd“ durch mehrere Stufen der Emanzipation zur selbstbewussten Berufstätigkeit gegangen ist, die Fähigkeit, einen Mann zu verführen, verloren hat. Dann aber wäre nicht zu viel an Pornografie der Auslöser für das Gähnen im Ehebett, sondern zu wenig an Erotik.
© 2003 by sehpferd press
Zitiert wird dann D. H. Lawrence, der geschrieben hat: „Selbst kluge Köpfe können nicht die Erotik von der Pornografie trennen; sie sehen nicht, dass es sich bei Suggestion, Anspielung, Erwartung bis zum Wahnsinn um Erotik handelt; sobald sich Sex in obszöner Weise zeigt und nicht symbolisch oder dekorativ bliebt, sind wir in der abgeschlossen und traurigen Welt der Pornografie“.
Zu dem Zeitpunkt, als dies geschrieben wurde, war erotische Literatur in Deutschland nur schwer zugänglich, pornografische jedoch meist gar nicht. Der Unterschied besteht und bestand vor allem darin, dass auch die „härtesten“ Bücher und Schriften immer noch die Umsetzung des Beschriebenen ins Hirn verlangen, wozu so gut wie immer eine Art Verführung durch Worte nötig ist. Bei Fotos oder gar Filmen kann dies ebenso der Fall sein, doch wird der Sex eben häufig so direkt, unmittelbar und schrankenlos gezeigt, dass der Fantasie kaum noch Spielraum bleibt – das ist dann eindeutig Pornografie.
Inzwischen haben sich durch die Möglichkeiten, die das Internet bietet, solche offensiven pornografischen Fotos vieltausendfach verbreitet: Meist werden sie nach Genres aufgeteilt und auch so abgerufen, während Qualitätskriterien meist kaum eine Rolle spielen.
Betrachtet man die Bilder, so ist schwer vorstellbar, dass Männer die dort dargestellten Frauen wegen ihrer Schönheit und Makellosigkeit begehren, wie oft behauptet wird. Wirklich „lupenrein schön" sind die Darstellerinnen überwiegend in amerikanischen, französischen und italienischen Filmproduktionen, während in der Internet-Pornografie durchaus durchschnittlich aussehende Frauen dargestellt werden. Diese Frauen fallen nicht so sehr durch ihr Aussehen auf als durch ihre sexuelle Bereitwilligkeit - sie erfüllen sozusagen den Männertraum von der sexuellen „Verfügbarkeit".
Kehren wir zurück in die Realität, so werden wir finden, dass Männer gar nicht die „lupenrein schöne“ Frau suchen, und zwar weder für ein Abenteuer noch für eine Beziehung. Für die Lust ziehen Männer vielmehr die erotische Frau vor, die auch von sich aus die Initiative zur Verführung ergreift, während sie für Beziehungen eher die verlässliche Frau suchen.
In der Praxis ehelicher Schlafzimmer zeigt sich nun freilich, dass dem Wunsch der Männer nach Verführung kaum entsprochen wird: Frauen wollen, im Gegenteil, auch nach vielen Ehejahren noch verführt werden, und dies auch dann, wenn sie kaum etwas daran tun, attraktiv zu sein.
Das geht auf Dauer nicht gut: Der Verführer für die Frau wird heute noch gratis von außerhalb kommen, während der Mann sich aufs Bezahlen verlegen wird, wenn er sinnlich verführt werden will. Anzustreben ist dieser Zustand nicht, doch kommen wir auch an den Realitäten nicht vorbei: Die Foren im Internet sind voll von Beschwerden, dass Männer das erotische Interesse an ihren Frauen verlieren, während sich die Frauen auf das Heftigste dagegen wehren, aktive Verführerinnen zu werden.
Möglich, dass Pornografie den Blick vieler Männer verstellt – doch könnte es ebenso möglich sein, dass die moderne Frau, die vom „Heimchen am Herd“ durch mehrere Stufen der Emanzipation zur selbstbewussten Berufstätigkeit gegangen ist, die Fähigkeit, einen Mann zu verführen, verloren hat. Dann aber wäre nicht zu viel an Pornografie der Auslöser für das Gähnen im Ehebett, sondern zu wenig an Erotik.
© 2003 by sehpferd press
sehpferd - am Samstag, 8. November 2003, 17:45 - Rubrik: kult und kultur
noch nichts dazu gesagt - etwas dazu sagen