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Das wöchentliche Geblubber aus den Algen - fast immer sonntags

Mit meinem Beitrag zum Sieger des ZEIT-Wettbewerbs habe ich, wie ich hoffe, eine Diskussion angestoßen, von der ich mir wünsche, dass sie noch einige Tage nachwirkt. Es geht, wieder einmal, um „guten Journalismus“ und um das, was Blogs dazu beitragen können, doch muss ich gestehen: Es geht eigentlich gar nicht um Blogs. genau genommen, geht es bei mir nie um Blogs, sondern um Medien.

Der Hintergrund: Ein Artikel von Stephan Fuchs, zuerst erschienen in der Zeitschrift „Kulturmagazin ensuite“, dann im Blog des Journalisten veröffentlicht und nun eben einer der Sieger im Zeit-Preisbloggen. Ich, für meinen Teil, hielt den Artikel beim ersten Lesen für ausgezeichnet geschrieben, gut recherchiert aber leider ausgesprochen konservativ und so gar nicht blog-geeignet. Bei näherer Betrachtung und häufigerem Lesen (was ja auch eine Würdigung darstellt) bin ich allerdings zu der Meinung gelangt, dass dieser Artikel Passagen enthält, die ausgesprochen reißerisch sind und dass der ganze Artikel ausgesprochen tendenziös ist – freilich mit einer Tendenz, die von Zeit-Lesern goutiert werden dürfte.

Allerdings will ich das Thema nun möglichst schnell verlassen – man soll nie zu lange zurückblicken – sonst erstarrt man vielleicht noch zur Salzsäule.

Zum Schmunzeln ist da schon, was Marcus J. Oswald über mich schreibt: „Natürlich kann man über Erotik auch im Flirtton und als Rosenkavalier schreiben, wie es der Herausgeber der sehpferds sinnige seiten macht. Das zieht vor allem Frauen an, die sich durch diese Schreibart "besser verstanden" fühlen. Das eine oder andere Mal mag sicher ein netter Emailkontakt oder Abend daraus erwachsen sein.“

Das Schmunzeln kommt mir deshalb auf die Lippen, weil ich weit davon entfernt bin, im „Flirtton“ zu schreiben – wenn ich es wäre, und meine Leserinnen begeistern wollte, müsste ich ihnen nach dem Mund (nach dem Mund, in dem sich die Zähne befinden) schreiben: Und das mache ich nun wirklich nicht. Wenn sie alle es wirklich wissen wollen: Ich bekomme sehr, sehr selten Emails und habe keinerlei erotische Kontakte mit Leserinnen. Was ich wirklich suche, sind Autorinnen und Webseitenbetreiberinnen (eventuell auch einzelne Autoren), die ich gerne in ein Netzwerk für gepflegte Auseinandersetzungen über Beziehungen, Erotik und Sexualität einbinden möchte – „Nachtfalter“ befindet sich gerade im Test.

Zwei Themen bewegten mich noch: Das Politblog, dessen Qualität durch manche Kommentatoren inzwischen abgwertet wird. Wenn es so weiter geht, wird die Zielgruppe nicht erreicht: Ich denke,es sind kritische Menschen, die in Blogs eine Diskussion führen wollen, in der man respektvoll mit dem Gegenüber umgeht. Aber ein solcher Umgang miteinander kann ja wohl nicht zur Regel werden, solange einer der selbsternannten Propheten des Webs, Don A., einen Diskussionsstil führt, der jeder Beschreibung spottet.

Das andere Thema: Bloggen und ein möglicher Persönlichkeitsgewinn, der daraus entstehen könnte. Ich habe Lyssa angeboten, darüber einmal ausführlicher zu sprechen – möglichst in einem tatsächlich existierenden Salon. Ob ich darauf eine Antwort bekomme? Bislang hat sich stets erwiesen, dass Blogger Blogger sind und viele von ihnen sich in dieser Existenz am wohlsten fühlen.

Ich überprüfe im Übrigen immer noch, ob ich so weitermache soll wie bisher oder meine Aktivitäten mindestens teilweise aufgeben sollte. Ich wäre inzwischen oft viel lieber Gastautor, Diskussionsteilnehmer und Koordinator, und ich würde auch gerne sehen, dass ich endlich einmal eine minimale Vergütung für den relativ hohen Unterhaltungswert meiner Seiten bekommen würde. Vorschläge sind willkommen.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen einen besonders schönen Sonntag.

Falls sie meine Adresse nicht finden: sehpferd at sehpferd dot com.

Da mir niemand aus dem Kreis meiner Leserinnen und Leser etwas geschenkt hat, obwohl ich mich beständig bemühe, sie alle zu unterhalten und bisweilen zu verwirren, schenke ich mir jetzt eine Rose – und wenn sie wollen, dürfen sie natürlich auch daran schnuppern.

Warum ich heute gerne etwas geschenkt bekommen hätte? Na, heute ist einfach so ein Tag.

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Foto: © 2005 by sehpferd.Location: Lörrach, Rosegarden

Das wöchentliche Geblubber aus den Algen - fast immer sonntags

Auslandswochen sind bei mir selten Schreibwochen, weil auf der Agenda meist etwas anderes steht. So war es auch in der letzten Woche. Das englische Frühstück wurde etwas kalorienärmer gewählt, und man bekam Fruchtsalat – nicht ganz perfekt, aber eben doch noch cholesterinreduziert. Die Suche nach einem Inder erwies sich als sehr einfach, und an meinem zweiten Abend aß ich bei „Hannies“, wie das „Middle East“ jetzt heißt – auch nicht schlecht.

Nach Manchester bin ich mit der so genannten „Metro“ gefahren, die eine Straßenbahn ist, aber eigentlich keine ist. Jedenfalls fährt sie in Manchester sehr gesittet auf der Straße, außerhalb aber wie eine Rennstraßenbahn – stellen sie sich einfach vor, ihre lokale Straßenbahn würde mit Regionalzug-Geschwindigkeit fahren – also, fahren sie damit, wenn sie gar nichts fürchten, oder Rummelplätze lieben oder so etwas. In Manchester freilich wundern sie sich nur noch: Very busy. Der Unterschied zu Deutschland: Hier brummt die Wirtschaft – und den Leuten ist ziemlich egal, warum – sie genießen es einfach. Tesco hat im Übrigen nach wie vor 24 Stunden am Tag geöffnet an fast 7 Tagen, außer Sonntags vormittags.

Blogs kommen vielleicht doch einmal zu Sinnen. Immer mehr Autoren, die sich Blogs als Medium gewählt haben, wollen das Schimpfwort „Blogger“ schon gar nicht mehr hören, und geben den Predigern der Blog-Ideologie kontra – und die Dinosaurier werden immer trauriger: Eigentlich will kaum noch jemand das Zeug lesen, dass die Veteranen einst erfunden haben. Jüngster Auswuchs: Man wählt den „Spiegel“ als Quelle ab. „Hast du den Spiegel auch schon ‚geplonkt’“? Man kommt sich vor wie bei den Kindergartenkindern – und zu einem Teil muss man die Sache auch wohl so sehen – ein krähender Haufen von Leuten, die schon immer auch mal etwas Wichtiges sagen wollten – und dabei vergessen, wie belanglos sie in Wahrheit sind.

Damit sie mich gleich richtig verstehen: Mein Angriff gilt den Ideologen, solchen, die ihre Meinung „IMHO“ verkünden, die „Plonken“ und auf das X-te so genannte Law aus irgendwelchen Foren verweisen, und zu ihnen gehören – mindestens bei mir, auch Leute, die LeserInnen mit dem großen „I“ schreiben – Wichtigtuer und Wichtigtuerinnen, wie es richtig heißen müsste.

Leider läuft mein Projekt „Stadtblog“ nicht gut, und ich muss nach wie vor sagen, dass ich Budapest etwas vernachlässige – selbst wenn ich dort bin, ist mir meine Privatheit oft wichtiger als die Ereignisse in der Stadt – und Ereignisse gibt es dort eben jeden Tag. Nun, kann ja noch werden. Erinnern sie sich noch an die Sendung „Pariser Journal“? So ähnlich, nur etwas modernisiert, müssten Stadtblogs eigentlich sein.

Zwei weitere Themen nehmen mich gefangen: Da ist einmal die Politik. Wie viele wissen, schreibe ich für ein Wahlblog (unter meinem bürgerlichen Namen), doch so recht will sie bei mir noch keine Begeisterung einstelle: Ich denke, dass viel zu viele Leute mit viel zu viel billigen Begriffen um sich werfen, und das, was zurzeit am billigsten zu haben ist, ist „neoliberal“. Als “typischer Neoliberaler“ (der ich natürlich nicht bin) schreibe ich Ihnen dies auf einem Computer aus China – was vorne darauf steht, ist dabei kaum wichtig, aber deutsche Namen stehen nun mal nur noch selten auf Computern, weil man hier mal wieder etwas verpasst hat – nicht das erste Mal.

Das andere Thema: erotische Blogs in Deutschland. Ich experimentiere mit einem neuen Konzept, das man mit „gepflegter erotischer Unterhaltung“ bezeichnen könnte. Eigentlich sollten diese Seiten einmal so werden, aber seit ich den Autorenstachel im Fleisch habe, interessieren mich andere Themen eben mehr. Indessen – wer Zeit und Lust hat, mit mir ein solches Konzept zu diskutieren, der möge das tun. Ich bin ein bisschen überrascht, dass wir hier inzwischen eine Darstellerin als Autorin haben: Das ist sicher ein Weg, den in Zukunft noch viele andere Menschen aus dem erotischen Geschäft gehen werden. Das erotische Blog „Fleshbot“, von dem manche meinen, es sei vielleicht pornografisch und vielleicht auch kein Blog, fand im Juli übrigens Einzug in das britische „GQ“ – das ist ungefähr so, als wenn das BILD-Blog den Grimme-Preis bekommt, wozu ich herzlich gratuliere.

Falls sie sich bis zu diesen Zeilen durchgekämpft haben:

Weiterhin einen schönen Sonntag an alle meine Leserinnen und Leser.

Sehpferd schreibt in den nächsten 5 Tagen hier für Sie über ein Sommernachtsthema, dass sie selbst bestimmen dürfen.

Anfragen (wie immer) an sehpferd at sehpferd com.

Ich habe heute eine ganze Weile im Wahlblog verbracht, um zu diskutieren, und ich gebe zu, dass es sehr nett war, einmal ein wenig hin- und herzureden. Doch jetzt kamen mir einige Gedanken, die keinesfalls nur auf das Wahlblog bezogen sind, sondern die mich auch sonst so häufig nachdenklich machen, nämlich diese:

1. Wir zerdiskutieren in Blogs unsere gute Zeit, die wir ebenso für wirtschaftliche Aktivitäten, den Ausbau sozialer Netze oder einen Zugewinn an Lebensfreude nutzen könnten
2. Wir kommen in den meisten Diskussionen weder sachlich voran noch finden wir eine Lösung für unsere persönliche Entwicklung oder unsere wirtschaftliche Zukunft – wozu dann bitte alles?
3. Wenn wir all die Energie, die wir hier verbrennen, in Unternehmensneugründungen, Selbsthilfeinitiativen und Ideenfabriken sowie in geistige und emotionale Aktivitäten stecken würden – mein Gott, was gäbe das für Innovationen.

Das ganze Land, ja, das ganze Europa würde im Licht unserer Ideen glänzen, unsere Unternehmensgründungen würden in die Geschichte eingehen wie diejenigen der Gebrüder Albrecht, und die Arbeitslosen würden glühende Augen bei dem bekommen, was sie an sich und für sich noch alles tun könnten.

Nun ja, vielleicht träume ich zu viel. Mein Thermometer steht bei konstant 31 Grad, und draußen braut sich ein Gewitter zusammen. Dennoch – ich meine, könnte ich nicht bitte ein klein wenig Recht bekommen?

Das wöchentliche Geblubber aus den Algen – fast immer sonntags

Die Zeit der sauren Gurken ist die Zeit der Scheinthemen. Das Ungeheuer von Loch Ness ist da viel zu trivial – da muss schon das Krokodil im Badesee her – ist doch viel wahrscheinlicher. Oder die Frage, welchen Job welcher C-Ministerpräsident denn demnächst in Berlin bekommt. Ach, was wird sich die Welt freuen wenn so ein diplomatischer versierter Herr wie der Herr Stoiber Außenminister wird.

Überhaupt die CDU – ich will den Wechseln, doch was die Union da an Flickwerk präsentiert, spottet jeder Beschreibung. Besonders, was die Familienlobbyisten innerhalb der Union wieder Zustande gebracht haben: 25 Euro gibt’s demnächst pro neu geborenem Kind – angeblich als Ausgleich für den höheren Aufwand, als Zuschuss zu den Beiträgen für die Rentenversicherung.

Gerechtigkeit in C-moll heißt einmal Gießkanne über Deutschland – genau so haben ich mir es vorgestellt: Die Union schmeißt Geld zum Fenster hinaus, das sie gar nicht hat, um Leuten zu imponieren, die das letztlich überhaupt nicht wahrnehmen. Eine unglaubliche Frechheit gegenüber der Masse der Bürger und nicht im geringsten geeignet, für eine nachhaltige Bevölkerungspolitik zu sorgen: Mist gebaut, Union: Wer Geld ausgibt, dass er nicht hat, für Zwecke, die unsinnig sind, muss an den Pranger, solange es noch Zeit ist.

Mag ja sein, dass Erziehungsjahre bei der Rente zählen müssen – im Grunde aber bedeutet dies nichts weiter als einen unverschämten Eingriff der Unionsstrategen in das Renteversicherungssystem – und erneute Staatszuschüsse. Bedenkt man, dass die Staatszuschüsse zur Rentenversicherung schon jetzt vor allem deswegen so hoch sind, weil der Staat sie seit Jahrzehnten mit versicherungsfremden Leistungen belastet, muss man schamrot werden, wenn man schon wieder Geld ausgibt, das man eigentlich gar nicht hat. Aber haben sie die Schwarzen schon mal schamrot werden sehen – ich noch nicht. Fazit: es wird erneut verteilt, wo es nichts zu verteilen gibt – ein Sieg für die CDU-nahen Familienverbände und eine klare Niederlage für das Volk.

Manche Leute – und nicht nur die in der Union – riskieren leichtfertig ihre eigene Zukunft. Der Herr Schröder zum Beispiel. Die Wahl? Krasse Fehlentscheidung für ihn und die SPD, wenngleich gut für Deutschland. Nur – dieser Mann hat jahrelang die Richtlinien der Politik bestimmt, und wer sich so irrt, ist selbst als Bürgermeister ungeeignet. Hoffen wir, dass Herr Schröder niemals mehr für ein Amt kandidiert, nicht mal für ein solches. Aber das ist gar nicht mein eigentliches Thema, sondern Schröders Verhalten in der EU: Ob er nun mit Hilfe der Luxemburger und Franzosen gegen Blair kämpft oder allein, spielt gar keine Rolle: Schröder ist ein Mann des uralten Europa, einer, der die Zukunft Europas nicht verstanden hat, kurz: Einer, der sich aus der Geschichte Europas verabschieden muss.

Dabei habe ich das eigentliche Thema noch nicht einmal berührt: Deutschland wird erst dann wieder eine Führungsrolle in Europa beanspruchen können, wenn man seine Hausaufgaben gemacht hat – und dabei darf man durchaus von anderen lernen. Wichtig scheint mir, dass man nicht über andere, die es schon können, herummotzt. Schließlich wird inzwischen auch an den Stammtischen gedröhnt, was Herr Schröder in der Zeitung verkünden lässt: Das ist mit anderen Worten nichts anderes, als dass alle Welt an deutschem Geist und deutschem Wesen gesund werden kann – nur mit anderen Worten.

Ich selbst habe mich für einige Tage ins Private zurückgezogen, und hier in Budapest sieht die Welt ohnehin ganz anders aus – und vor allem ist es nicht so schwül wir in Südbaden. Nun, nächste Woche bin ich aus anderen Gründen relativ still: Da bin ich aus ganz anderen Gründen auf den britischen Inseln. Wenn ich Zeit finde, werde ich mich mal vorsichtig erkundigen, wie man dort Blairs EU-Politik ansieht und ansonsten viel Energie darauf verwenden, einen guten Inder zu finden, bei dem man das Essen tatsächlich genießen kann.

Ich wünsche Ihnen noch einen schönen Restsonntag – und wenn die Sonne scheint, genießen sie es noch ein bisschen.

Immer, wenn ich nicht in Deutschland bin, interessiert mich vom aktuellen Geschehen nur noch, was in die Schlagzeilen kommt. Politik – nur noch von Seite eins, und dann zumeist Europapolitik. Saure Gurken habe ich auch gerade keine – alle Gläser sind schon leer – und deshalb gibt es vorläufig auch keine neuen Erotik-Geschichten.

Schon in der Grundschule habe ich gelernt, wie schlecht es sein kann, sich nur aus einer einzigen Quelle zu informieren – da hatten wir noch kein Fernsehgerät. Als wir dann eines hatten, gab es zwei Quellen, später drei, und dann lernte ich, dass es auch schlecht sein kann, sich nur aus einem Medium zu informieren, und noch später musste ich einsehen, dass es bei weitem zu einseitig ist, seine Informationen nur aus inländischen Quellen zu beziehen.

Und heute? Da wollen mir eine paar so genannte Blogger erzählen, dass es gut sei, sich nur aus Blogs zu informieren – überwiegend wohl aus den politischen Abnickblogs, die ohnehin der eigenen Ausrichtung entsprechen. Wie schön, dass es jetzt Blogs gibt. Da kann man viel kommunikativer verblöden als zuvor.

Da fängt nun selbst der nicht sehr religiöse Zeitgenosse an, zum Himmel heraufzuschauen und mal zu gucken, ob Gott nicht vielleicht mehr Klugheit von oben herunterprasseln lassen könnte. Ich hoffe doch, dass wenigstens er sich nicht ausschließlich aus Blogs informiert.

Eine andere, längere und auch etwas deutlichere Version finden sie auf meiner Diagonaldenkerseite.

Das wöchentliche Geblubber aus den Algen – fast immer sonntags

Ein Sonntag im Sommer, wie er im Bilderbuch steht – da warte ich lieber die Mittagshitze ab, bevor ich in die Natur hinausgehe. Gestern war ich erst einmal in unserem schönen städtischen Rosengarten – eine der wenigen Attraktionen meiner „alten“ Stadt, die ich vermissen werde. Vielleicht wäre ich auch noch zur „ART“ in Basel gegangen – aber nicht bei dieser Hitze.

Also bleibe ich bei Wasser und Joghurt zu Hause und sinniere einmal wieder über die Woche nach – bloggerisch, versteht sich. Die Szenerie der so genannten Blogs verschiebt sich derzeit erdrutschartig: die besseren Autoren, von denen es in der Tat auch in Deutschland eine Menge gibt, besinnen sich auf ihre Fähigkeiten und kooperieren mit andren, um gemeinsam mehr gelesen zu werden. Zwar weiß man allgemein noch nicht, was einem die Autorenschaft in Blogs bringt, aber sicher scheint zu sein, dass nur dijenigen als Autoren überleben werden, die gerne und viel gelesen werden.

Natürlich – Stadtblogs sind nicht so der Renner. Sie werden es erst, wenn sie touristische Bedeutung erlangen. Reine Unterhaltungsmagazine, teils durchaus mit kulturellem Anspruch, sind besser dran. Ob Politblogs tatsächlich eine Bedeutung erlangen werden, ist trotz der großen Kampagnen noch lange nicht klar: es gibt zwar viel Wind, aber noch kaum Windmühlen. Auch bei den erotischen Blogs tut sich ganz wenig in Deutschland: Zu unterschiedlich im Stil, zu uneindeutig bei den Zielgruppen. Gepflegte Erotik, wie wir sie im amerikanischen „Nerve“ finden, gibt es in Blogform noch nicht einmal in den Vereinigten Staaten von Nordamerika – wie soll man sie dann hier etablieren? Interessant, dass es immer mehr bloggende Sexarbeiterinnen gibt – aber davon sprach ich ja schon. Wie so oft, erkennen Huren Veränderungen ihres Marktes offenbar schneller als andere Dienstleister – von Bloggern einmal ganz zu schweigen.

Ob es nun sinnvoll ist oder nicht – ich schreibe jedenfalls weiter, derzeit hauptsächlich im „wahlblog“, weil mich nach wie vor interessiert, was aus Deutschland wird. Hätte es nur damals, zu Roman Herzogs Zeiten, den „Ruck durch Deutschland“ gegeben! Doch die Deutschen blieben falsch gepolt: Sie glaubten damals, dass ihr Hochmut auf ewig Bestand haben würde – und sie müssen jetzt die bittere Zeche dafür bezahlen. Nur merkwürdig, wenn es dennoch immer wieder Leute gibt, die keine Menschen oder Ideen aus dem Ausland zulassen wollen und die am liebsten die Grenzen für Ausländer schließen würden. Die nächsten Monate werden zeigen, ob das hochmütige, zögerliche und nationalistische Dummdeutschland, das in allen politischen Parteien irgendwelche Vertreter hat, oder das weltoffene, mutige und europafreundliche Klugdeutschland gewinnt.

Ich habe dieser Tage eine kleine Kampagne gestartet, nach französischem Vorbild: „Ce n’est pas un blog“ – dies ist kein Blog. Sie können das Logo hier herunterladen und auf ihre Seite nehmen, wenn sie wollen. Ich jedenfalls habe es satt, mich dauernd mit „Blogger-Prinzipien“ auseinander setzen zu müssen. Blogs sind keine Religion. Wer eine daraus macht, fällt automatisch dorthin, wo alle Fanatiker früher oder später landen: in die Sinnlosigkeitsgrube.

Trotz alledem: genießen sie den Sommer – und holen sie sich heute keinen Sonnenstich.

Einen schönen Sonntag wünscht weiterhin ihr Sehpferd.

Machen sie mit – bei der Kampagne „dies ist kein Blog“ und setzen sie sich damit ab vom täglichen Unsinn, aber auch von Blog-Ideologen und überhaupt jeder Art von Besserwissern.

Sie demonstrieren damit:
Sie sind Autor, kein Blogger.
Sie schreiben ein Journal, kein Blog
Sie sind nicht Mitglied der Blogger-Gemeinde
Sie pfeifen auf die Rituale der Blogger

Das technische Medium mag man Blogs nennen – aber die Menschen, die dieses Zeichen verenden, sind keine Blogger, sondern freie Bürger, die hier schreiben, was sie für gut und richtig halten.

Kopieren sie nur das Logo "dies ist kein blog" in ihr kleines Journal, und verweisen sie auf diese Seite - das ist alles.

cenestpas

 

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