deutschland im blick
Wen wundert es – die Atomwaffen reizen Journalisten auch heute wieder, Massenhaft Artikel zu schreiben. Dabei wird Nordkorea am meisten erwähnt, aber auch die Befürchtung, dass Islamisten in den Besitz von Atomwaffen kommen könnten, findet sich in der Presse wieder.
Auf der Münchner Sicherheitskonferenz hat Bundespräsident Horst Köhler gerade gefordert, die Entwicklungshilfe drastisch aufzustocken – der Mann hat Recht – ich hoffe allerdings, dass diese Hilfe auch in die richtigen Hände kommt.
Fast alle übrigen Schlagworte des Tages aus der deutschen Presse lassen sich als „Kampf gegen den Rechtsextremismus“ zusammenfassen. Man fürchtet, dass die Neonazis insbesondere das Gedenken an die Zivilopfer des zweiten Weltkriegs dazu missbrauchen könnten, ihr braunes Süppchen daraus zu kochen. Nun will der Staat einen Riegel davor schieben: Diskutiert wird die Verschärfung des Versammlungsrechts und der Schutz bestimmter Stätten, wobei als Beispiel das Holocaust-Mahnmal genannt wird.
Freilich bleibt die Frage, wie man mit dem Leid der Deutschen umgeht, die ja alle, ob sie nun Nazis waren oder nicht, dem alliierten Bombardement ausgesetzt waren. Die Diskussion darüber zeigt neben Berührungsängsten auch bereits Zeichen lückenhafter Vorstellungskraft: In den Straßen der Städte starben ja nicht nur diejenigen, die NSDAP gewählt hatten, sondern auch bereits deren Kinder. Verdrängen ist hier offenbar nicht die Lösung, und für eine Aufarbeitung ist es viel zu spät: Versöhnung wäre das richtige Gedenken: Die Briten haben dies längst begriffen.
Fragt sich, was den Teppich heute in die Schlagzeilen brachte: Zumeist war er rot und lag in Berlin. So wird eben auch einmal ein Teppich zum Star der Berichterstattung.
Bemerkung zu diesem Artikel:
Der Artikel enthält die am 13.02.2005 in der Presse am meisten verwendeten Schlagworte. Quelle ist das aktuelle Wortschatz-Lexikon der Universität Leipzig.
Heute waren die Stichworte:
Atomwaffen
Entwicklungshilfe
Holocaust-Mahnmal
Leid
Neonazis
Teppich
Versammlungsrecht
Verschärfung
Auf der Münchner Sicherheitskonferenz hat Bundespräsident Horst Köhler gerade gefordert, die Entwicklungshilfe drastisch aufzustocken – der Mann hat Recht – ich hoffe allerdings, dass diese Hilfe auch in die richtigen Hände kommt.
Fast alle übrigen Schlagworte des Tages aus der deutschen Presse lassen sich als „Kampf gegen den Rechtsextremismus“ zusammenfassen. Man fürchtet, dass die Neonazis insbesondere das Gedenken an die Zivilopfer des zweiten Weltkriegs dazu missbrauchen könnten, ihr braunes Süppchen daraus zu kochen. Nun will der Staat einen Riegel davor schieben: Diskutiert wird die Verschärfung des Versammlungsrechts und der Schutz bestimmter Stätten, wobei als Beispiel das Holocaust-Mahnmal genannt wird.
Freilich bleibt die Frage, wie man mit dem Leid der Deutschen umgeht, die ja alle, ob sie nun Nazis waren oder nicht, dem alliierten Bombardement ausgesetzt waren. Die Diskussion darüber zeigt neben Berührungsängsten auch bereits Zeichen lückenhafter Vorstellungskraft: In den Straßen der Städte starben ja nicht nur diejenigen, die NSDAP gewählt hatten, sondern auch bereits deren Kinder. Verdrängen ist hier offenbar nicht die Lösung, und für eine Aufarbeitung ist es viel zu spät: Versöhnung wäre das richtige Gedenken: Die Briten haben dies längst begriffen.
Fragt sich, was den Teppich heute in die Schlagzeilen brachte: Zumeist war er rot und lag in Berlin. So wird eben auch einmal ein Teppich zum Star der Berichterstattung.
Bemerkung zu diesem Artikel:
Der Artikel enthält die am 13.02.2005 in der Presse am meisten verwendeten Schlagworte. Quelle ist das aktuelle Wortschatz-Lexikon der Universität Leipzig.
Heute waren die Stichworte:
Atomwaffen
Entwicklungshilfe
Holocaust-Mahnmal
Leid
Neonazis
Teppich
Versammlungsrecht
Verschärfung
sehpferd - am Sonntag, 13. Februar 2005, 10:18 - Rubrik: deutschland im blick
noch nichts dazu gesagt - etwas dazu sagen
Seit Tagen wird an deutschen Stammtischen über kaum etwas anderes geredet als über Schiedsrichter. Tolles Thema, weil dazu mal wieder jeder etwas sagen kann, und weil ja immerhin der Verdacht besteht, dass der geliebte Fußballklub jetzt einen Tabellenplatz höher stehen könnte, wenn die bösen Jungs mit der Pfeife im Mund kein Geld genommen hätten.
Doch jetzt wird die Hose vollends heruntergelassen. Sie sollen auch Puffs besucht haben, wie die „Süddeutsche Zeitung“ wissen will. Etwas verblümt, aber im Kern doch eindeutig schreibt sie: „So sollen einige Schiedsrichter Stammgast in einem Frankfurter Bordell gewesen sei. Aus Schiedsrichterkreisen wird bestätigt, es sei zumindest eine Zeit lang üblich gewesen, dass Profiklubs ... Betreuer abgestellt hätten, die für Versorgung und Wohlergehen der schon am Vortag anreisenden Schiedsrichter-Gespanne zuständig gewesen seien. In Einzelfällen habe es dabei Sonderwünsche gegeben – auch dies sei in Teilen der Schiedsrichterszene bekannt.“
Nun ist es Zeit für die Boulevardpresse: Heute beruft sich BILD zwar noch auf den Bericht der Süddeutschen, weiß aber auch schon, dass ein Schiedsrichter mit „kroatischen Schönheiten“ bestochen worden wäre. Sagte ich nicht schon immer, dass Fußball und Nutten zusammen passen wie Fisch und Fahrrad?
Doch jetzt wird die Hose vollends heruntergelassen. Sie sollen auch Puffs besucht haben, wie die „Süddeutsche Zeitung“ wissen will. Etwas verblümt, aber im Kern doch eindeutig schreibt sie: „So sollen einige Schiedsrichter Stammgast in einem Frankfurter Bordell gewesen sei. Aus Schiedsrichterkreisen wird bestätigt, es sei zumindest eine Zeit lang üblich gewesen, dass Profiklubs ... Betreuer abgestellt hätten, die für Versorgung und Wohlergehen der schon am Vortag anreisenden Schiedsrichter-Gespanne zuständig gewesen seien. In Einzelfällen habe es dabei Sonderwünsche gegeben – auch dies sei in Teilen der Schiedsrichterszene bekannt.“
Nun ist es Zeit für die Boulevardpresse: Heute beruft sich BILD zwar noch auf den Bericht der Süddeutschen, weiß aber auch schon, dass ein Schiedsrichter mit „kroatischen Schönheiten“ bestochen worden wäre. Sagte ich nicht schon immer, dass Fußball und Nutten zusammen passen wie Fisch und Fahrrad?
sehpferd - am Sonntag, 6. Februar 2005, 10:11 - Rubrik: deutschland im blick
noch nichts dazu gesagt - etwas dazu sagen
Offenbar kommt der harsche Ton des Volker Kauder doch irgendwo an: beim bayrischen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber nämlich. Originalton Stoiber: „Das ökonomische Versagen der Regierung Schröder, dieses Ausmaß an Arbeitslosigkeit, bildet den Nährboden für Extremisten, die letztlich die Perspektivlosigkeit der Menschen ausnutzen und damit die Demokratie in unserem Land gefährden".
Da will die CDU-Vorsitzende Merkel natürlich nicht zurückstehen: Sie warf dem Bundeswirtschaftsminister vor, er gäbe die Parole „Keine Panik“ aus. Das Ganze wird im gewohnten Bild-am-Sonntag-Stil ausgetragen, so, als ob es um nichts anderes ginge, als ein paar Büttenreden zu halten.
Möglicherweise freilich haben Frau Merkel und Herr Stoiber die Situation diesmal allerdings falsch eingeschätzt – nicht alle Menschen in diesem Land entnehmen ihre politische Bildung der BILD-Zeitung, und auch für Herrn Stoiber gibt es eine zweite Chance: Die Menschen feiern zurzeit Karneval, und da kommt schon mal durcheinander, ob eine Aussage aus der Bütt kam oder aus der bayrischen Staatskanzlei.
Ein paar Tatsachen zum Thema finden sie hier.
Da will die CDU-Vorsitzende Merkel natürlich nicht zurückstehen: Sie warf dem Bundeswirtschaftsminister vor, er gäbe die Parole „Keine Panik“ aus. Das Ganze wird im gewohnten Bild-am-Sonntag-Stil ausgetragen, so, als ob es um nichts anderes ginge, als ein paar Büttenreden zu halten.
Möglicherweise freilich haben Frau Merkel und Herr Stoiber die Situation diesmal allerdings falsch eingeschätzt – nicht alle Menschen in diesem Land entnehmen ihre politische Bildung der BILD-Zeitung, und auch für Herrn Stoiber gibt es eine zweite Chance: Die Menschen feiern zurzeit Karneval, und da kommt schon mal durcheinander, ob eine Aussage aus der Bütt kam oder aus der bayrischen Staatskanzlei.
Ein paar Tatsachen zum Thema finden sie hier.
sehpferd - am Samstag, 5. Februar 2005, 20:02 - Rubrik: deutschland im blick
noch nichts dazu gesagt - etwas dazu sagen
„Volker Kauder ist ein Name, den man sich unbedingt merken sollte, weil man ihn sonst sofort vergessen würde oder sogar vergessen möchte“, schrieb Hans Zippert vor einigen Tagen in der „WELT“. Auch gegen die Ausdrucksweise hatte der bissige Kolumnist einiges auszusetzen: Kauderwelsch eben.
Neuestes Kauderwelsch-Elaborat: „ Der Tu-Nix-Kanzler ist längst zu einer Belastung für Deutschland und die Menschen hier geworden! (Original-CDU-Pressemitteilung, inklusiv des unsäglichen Ausrufezeichens). Die Pressemitteilung ist insgesamt in diesem Stil verfasst – ein deutlicher Hinweis darauf, dass die ersten Ergüsse des neuen Mannes keine Ausrutscher waren. Vielmehr werden wir in Zukunft wohl mit dergleichen leben müssen, solange die CDU an Herrn Kauder noch festhält – und das wird sie müssen: Zweimal hintereinander kann man die Person auf diesem wichtigen Posten wohl nicht tauschen.
Neuestes Kauderwelsch-Elaborat: „ Der Tu-Nix-Kanzler ist längst zu einer Belastung für Deutschland und die Menschen hier geworden! (Original-CDU-Pressemitteilung, inklusiv des unsäglichen Ausrufezeichens). Die Pressemitteilung ist insgesamt in diesem Stil verfasst – ein deutlicher Hinweis darauf, dass die ersten Ergüsse des neuen Mannes keine Ausrutscher waren. Vielmehr werden wir in Zukunft wohl mit dergleichen leben müssen, solange die CDU an Herrn Kauder noch festhält – und das wird sie müssen: Zweimal hintereinander kann man die Person auf diesem wichtigen Posten wohl nicht tauschen.
sehpferd - am Mittwoch, 2. Februar 2005, 18:40 - Rubrik: deutschland im blick
noch nichts dazu gesagt - etwas dazu sagen
Gegenwärtig macht ein ausgesprochen tendenziöser und missverständlicher Artikel aus dem „Daily Telegraph“ die Runde. Dessen Berlin-Korrespondentin Clare Chapman versuchte darin den Eindruck zu erwecken, arbeitslose deutsche Frauen müssten mit einer Beschäftigung als Prostituierte rechnen. Kronzeugin ist dabei eine (im Artikel falsch geschriebene) Hamburger Rechtsanwältin. Da er inzwischen leider auch ungeprüft von deutschen Bloggern, beispielsweise hier, verbreitet wird, gilt es, einmal nach der Quelle zu suchen.
Fündig wird man in der Tat bei der TAZ. Deren Redakteur Kai von Appen hörte von einem Fall, in dem eine deutsche Langzeitarbeitslose angeblich in ein Bordell vermittelt worden ist. Nachdem sie sich ebenfalls nur dem Hörensagen nach geweigert haben soll, dort zu arbeiten, soll ihr die Unterstützung gekürzt worden sein. Sicher ist nur so viel: Es könnte diesen Fall gegeben haben. Der „Telegraph“ will wissen, dass es sich um eine 25-jährige IT-Fachkraft handelte. Ob diese Frau sich ihren in Aussicht genommenen Arbeitsplatz überhaupt angesehen hatte, weiß kein Mensch – jedenfalls will sie bereits bei einem Telefongespräch bemerkt haben, dass ihr neuer Arbeitgeber ein Bordellbetrieb sei.
Bis hier ist das Ganze eine Geschichte, die ebenso gut erfunden sein könnte. Wäre sie wahr, hätte sicherlich ein kurzes Gespräch mit dem Leiter der örtlichen Arbeitsagentur gereicht, um den Fall zu bereinigen.
Doch wie kam der Fall in die Presse?
Offenbar hat die hamburgische feministische Szene einen besonders guten Draht zur TAZ, die am 18. Dezember letzten Jahres den meistzitierten Artikel veröffentlichte. In ihm fällt auch erstmals der Name der Hamburger Rechtsanwältin, die dies gesagt haben soll:
„Seit 2002 ist der Beruf der Prostituierten legalisiert. Die Tätigkeit der Sexarbeiterin ist damit ein Job wie jeder andere. Also bestünde für die Agentur für Arbeit kein Grund, nach der neuen Hartz IV-Gesetzgebung nicht in den Bereich "sexueller Dienstleistungen" zu vermitteln. "Der Beruf gilt gesetzlich nicht mehr als sittenwidrig". Doch sie beließ es nicht bei der sachlichen Aufklärung, sonder fügte provokativ hinzu "warum soll dann von einer erwachsenen Frau nicht verlangt werden, ihr Einkommen durch kommerzielles Vögeln zu erzielen".
Die TAZ allerdings berichtete seriös und ließ auch die Gegenseite zu Wort kommen: Knut Börnsen, der Sprecher der Hamburger Arbeitsagentur, verwies darauf, dass (mindestens in Hamburg) nicht an Bordelle vermittelt werde, schließlich gäbe es ja noch Sitte und Anstand.
Was war es alles? Ein Sturm im Wasserglas, nicht mehr. Man mag sich fragen stellen. Zum Beispiel, warum eine IT-Fachkraft nach einer Langzeitarbeitslosigkeit mit 25 Jahren gar keinen Job findet. Oder warum der Sachbearbeiter bei der betroffenen Arbeitsagentur nicht sensibler reagiert hat. Oder warum die TAZ in diesem Fall ohne Kenntnis nennenswerter Fakten einen aufgebauschten Hintergrundbericht erstellen musste. Schließlich muss auch zu denken gebe, warum der "Telegraph" am 30. Januar diese Jahres einen Artikel als sensationellen Deutschland-Bericht veröffentlichte, der bereits am 18. Dezember letzten Jahres in der TAZ stand.
Nun allerdings ist der Bericht in der Welt – und man kann selbstverständlich all das noch härter im Boulevard-Stil ausschlachten – ich habe keinen Zweifel, dass dies irgendwelche Redakteure auf der Welt tun werden. Und die Blogger? Schweigen wir lieber darüber. Ich habe gerade bei Blogywood über diese Sache gelesen – unkommentiert, aber mit der aberwitzigen Überschrift „Arbeite als Hure oder du verlierst das Arbeitslosengeld“. Der Artikel verweist allerdings auf die Webseite des umstrittenen Holocaust-Leugners David Irving – und das muss nun wirklich nicht sein.
Fündig wird man in der Tat bei der TAZ. Deren Redakteur Kai von Appen hörte von einem Fall, in dem eine deutsche Langzeitarbeitslose angeblich in ein Bordell vermittelt worden ist. Nachdem sie sich ebenfalls nur dem Hörensagen nach geweigert haben soll, dort zu arbeiten, soll ihr die Unterstützung gekürzt worden sein. Sicher ist nur so viel: Es könnte diesen Fall gegeben haben. Der „Telegraph“ will wissen, dass es sich um eine 25-jährige IT-Fachkraft handelte. Ob diese Frau sich ihren in Aussicht genommenen Arbeitsplatz überhaupt angesehen hatte, weiß kein Mensch – jedenfalls will sie bereits bei einem Telefongespräch bemerkt haben, dass ihr neuer Arbeitgeber ein Bordellbetrieb sei.
Bis hier ist das Ganze eine Geschichte, die ebenso gut erfunden sein könnte. Wäre sie wahr, hätte sicherlich ein kurzes Gespräch mit dem Leiter der örtlichen Arbeitsagentur gereicht, um den Fall zu bereinigen.
Doch wie kam der Fall in die Presse?
Offenbar hat die hamburgische feministische Szene einen besonders guten Draht zur TAZ, die am 18. Dezember letzten Jahres den meistzitierten Artikel veröffentlichte. In ihm fällt auch erstmals der Name der Hamburger Rechtsanwältin, die dies gesagt haben soll:
„Seit 2002 ist der Beruf der Prostituierten legalisiert. Die Tätigkeit der Sexarbeiterin ist damit ein Job wie jeder andere. Also bestünde für die Agentur für Arbeit kein Grund, nach der neuen Hartz IV-Gesetzgebung nicht in den Bereich "sexueller Dienstleistungen" zu vermitteln. "Der Beruf gilt gesetzlich nicht mehr als sittenwidrig". Doch sie beließ es nicht bei der sachlichen Aufklärung, sonder fügte provokativ hinzu "warum soll dann von einer erwachsenen Frau nicht verlangt werden, ihr Einkommen durch kommerzielles Vögeln zu erzielen".
Die TAZ allerdings berichtete seriös und ließ auch die Gegenseite zu Wort kommen: Knut Börnsen, der Sprecher der Hamburger Arbeitsagentur, verwies darauf, dass (mindestens in Hamburg) nicht an Bordelle vermittelt werde, schließlich gäbe es ja noch Sitte und Anstand.
Was war es alles? Ein Sturm im Wasserglas, nicht mehr. Man mag sich fragen stellen. Zum Beispiel, warum eine IT-Fachkraft nach einer Langzeitarbeitslosigkeit mit 25 Jahren gar keinen Job findet. Oder warum der Sachbearbeiter bei der betroffenen Arbeitsagentur nicht sensibler reagiert hat. Oder warum die TAZ in diesem Fall ohne Kenntnis nennenswerter Fakten einen aufgebauschten Hintergrundbericht erstellen musste. Schließlich muss auch zu denken gebe, warum der "Telegraph" am 30. Januar diese Jahres einen Artikel als sensationellen Deutschland-Bericht veröffentlichte, der bereits am 18. Dezember letzten Jahres in der TAZ stand.
Nun allerdings ist der Bericht in der Welt – und man kann selbstverständlich all das noch härter im Boulevard-Stil ausschlachten – ich habe keinen Zweifel, dass dies irgendwelche Redakteure auf der Welt tun werden. Und die Blogger? Schweigen wir lieber darüber. Ich habe gerade bei Blogywood über diese Sache gelesen – unkommentiert, aber mit der aberwitzigen Überschrift „Arbeite als Hure oder du verlierst das Arbeitslosengeld“. Der Artikel verweist allerdings auf die Webseite des umstrittenen Holocaust-Leugners David Irving – und das muss nun wirklich nicht sein.
sehpferd - am Dienstag, 1. Februar 2005, 19:44 - Rubrik: deutschland im blick
noch nichts dazu gesagt - etwas dazu sagen
Studiengebühren werden kommen, früher oder später auch in den Ländern, die von der SPD geführt werden. Es wird Deutschland weder reicher noch ärmer an Akademikern machen, vielleicht aber dafür sorgen, dass junge Leute ihr Studium ernster nehmen: ein Studium ist in erster Linie für den Broterwerb im akademischen Beruf gedacht - und der sollte so schnell wie möglich aufgenommen werden.
Wenn die Kindergartengebühren dafür wegfielen, wären die Studiengebühren leichter zu ertragen: Es gibt keinen Grund, warum der Kindergarten Geld kosten soll, während neben der Hauptschule auch alle weiterführenden Schulen frei sind.
Von einer guten Ausbildung der Jüngsten im Kindergarten werden wir alle einmal profitieren – ob dies auch für die massenhafte Ausbildung auf Gymnasien und für gewisse Studiengänge gilt, darf bezweifelt werden.
Wenn die Kindergartengebühren dafür wegfielen, wären die Studiengebühren leichter zu ertragen: Es gibt keinen Grund, warum der Kindergarten Geld kosten soll, während neben der Hauptschule auch alle weiterführenden Schulen frei sind.
Von einer guten Ausbildung der Jüngsten im Kindergarten werden wir alle einmal profitieren – ob dies auch für die massenhafte Ausbildung auf Gymnasien und für gewisse Studiengänge gilt, darf bezweifelt werden.
sehpferd - am Montag, 31. Januar 2005, 20:26 - Rubrik: deutschland im blick
noch nichts dazu gesagt - etwas dazu sagen
Wer begreifen will, warum Deutschland auf der Stelle tritt, muss in die Provinz gehen: Hier versucht sich der einheimische Handel gegen die böse Konkurrenz von außerhalb durch „Märkte Konzepte“ zu wehren. In der Praxis bedeutet dies, dass der Anbieter auf der grünen Wiese sich vertraglich verpflichten muss, bestimmte Waren gar nicht erst anzubieten.
Zum Beispiel kein Katzenfutter – das ist nämlich innenstadtrelevant. Und vor allem hat es auch der Metzger im Dorf, pardon: im Stadtteil – wenn er denn geöffnet hat.
Wenn nicht, muss die Katze Mäuse fangen oder einen Joghurttag einlegen.
Zum Beispiel kein Katzenfutter – das ist nämlich innenstadtrelevant. Und vor allem hat es auch der Metzger im Dorf, pardon: im Stadtteil – wenn er denn geöffnet hat.
Wenn nicht, muss die Katze Mäuse fangen oder einen Joghurttag einlegen.
sehpferd - am Montag, 31. Januar 2005, 19:53 - Rubrik: deutschland im blick
noch nichts dazu gesagt - etwas dazu sagen
Der CDU-Generalsekretär Volker Kauder glaubt, die Ursache für den hohen Anteil von NPD-Wählern in Sachsen gefunden zu haben: die jetzige Regierung. Nicht die in Sachsen natürlich, die wird ja von der „richtigen“ Partei geführt, sondern die in der Republik.
Offenbar hat Herr Kauder dabei übersehen, einmal in die Geschichte der Wahlen in seinem Stammland, Baden-Württemberg aufschlagen:
1968 Bundeskanzler: Kiesinger Bu-Regierung: CDU/CSU-SPD NPD: 9,8 %
1992 Bundeskanzler: Kohl Bu-Regierung: CDU/CSU-FDP Republikaner: 10,9 %
1996 Bundeskanzler: Kohl Bu-Regierung: CDU/CSU-FDP Republikaner: 9,1 %
Wie es scheint, ist Bolzen der neue Stil des CDU-Generalsekretärs, und genau diesen Stil brauchen wir in Deutschland nicht. Den haben schon andere belegt.
Offenbar hat Herr Kauder dabei übersehen, einmal in die Geschichte der Wahlen in seinem Stammland, Baden-Württemberg aufschlagen:
1968 Bundeskanzler: Kiesinger Bu-Regierung: CDU/CSU-SPD NPD: 9,8 %
1992 Bundeskanzler: Kohl Bu-Regierung: CDU/CSU-FDP Republikaner: 10,9 %
1996 Bundeskanzler: Kohl Bu-Regierung: CDU/CSU-FDP Republikaner: 9,1 %
Wie es scheint, ist Bolzen der neue Stil des CDU-Generalsekretärs, und genau diesen Stil brauchen wir in Deutschland nicht. Den haben schon andere belegt.
sehpferd - am Montag, 31. Januar 2005, 19:49 - Rubrik: deutschland im blick
Da ich von Huren keine Dienstleistungen in Anspruch nehme, könnte mir die Sache eigentlich egal sein: Siegfried Kauders neuer Gesetzentwurf nämlich. Der besagt, dass der Freier, wenn er „leichtfertig nicht erkenne“, dass die Frau, die ihm den Dienst erweise, eine zum Hurenjob gezwungene Frau sei, in den Knast gehen kann.
Was ist, bitte schön, eine Zwangsprostituierte? Eine ausländische Frau ohne Pass, die den größten Teil ihres Geldes einer Zuhälterorganisation abliefert? Mag sein – aber sehr viele Huren sind Ausländerinnen, und niemand trägt immer seinen Pass bei sich. Auch den Weg des Geldes erkennt der Freier nicht – man bezahlt bekanntlich bei der Frau selbst, und wohin das Geld wandert, kann der Hurenkunde nicht einmal erahnen.
Die Gesellschaftsordnung und der Journalismus sind immer schnell bei der Hand, wenn es darum gehr, mit Worten herumzuschmeißen: Von der „Zwangsprostituierten“ bis zur „Sexsklavin“, doch sind beide Begriffe so unscharf wie das ganze Vokabular, dass die Gesellschaft gegenüber Huren kennt: Im Grund wird die Hure verachtet, was sich schon daran zeigt, dass sich kein Journalist (oder jedenfalls kaum einer) nach deren Meinung zum Gesetz erkundigt. Ginge es um Frauen, die zum Frisieren versklavt werden, würde man natürlich sofort die Friseurinnung anrufen.
Was ist das Gesetz nun eigentlich? Ein Anti-Friedman-Gesetz, ein Gesetz also, das den vermeintlich Kundigen veranlassen sollen, keine russischen Importhuren für Partys zu bestellen? Oder ist es etwa ein Anti-Prolo-Gesetz, das die Bumsbusse nach Tschechien stoppen soll? Siegfried Kauder hat sich zwar klar ausgedrückt, bei welchem Anlass er auf die Gesetzesidee kam, doch spielt der Anlass keine Rolle: Ist es nicht in Wahrheit ein Gesetz, dass die Prostitution generell stoppen soll, weil jeder mit einem Bein im Gefängnis steht, der auch nur Kontakt mit einer Hure aufnimmt?
Ich habe den Verdacht, dass in Wahrheit Letzteres gemeint ist. Der Hurenberuf soll aufs Neue diskriminiert werden, die Ausübung erschwert oder verunmöglicht werden. Man sagt zwar „Freier“ meint aber „Huren“ – Parallelen zu Schweden werden deutlich. Dort findet die Prostitution angeblich plötzlich nicht mehr statt, seit die in der Öffentlichkeit erkennbaren Freier mit Geldstrafen bedroht werden – sagen die Befürworter. Vielleicht glauben sie auch noch an Grimms Märchen, denn wo Freier in der Öffentlichkeit bedroht werden, gehen sie eben in Untergrund-Bordelle – was dort geschehen mag, stellen wir uns lieber nicht vor. Schwedische Doppelmoral eben: Was man nicht sieht, existiert auch nicht.
Ja, man könnte eine Glosse schreiben: Wird es jetzt einen Ausweis als „zertifizierte Qualitätshure“ geben? Muss man sich die Steuernummer geben lassen, um zu beweisen, dass man sich nicht „leichtfertig“ ihrer Dienste bedient hat? Nein, nein, so etwas sollte man gart nicht erst anfangen. Lieber sollte man mal hinhören, was die Huren selber zu dem Thema sagen, doch dass tun angesehene deutsche Parlamentarier natürlich nicht – die Gesetze werden von Leuten eingebracht, die sich in der Kriminalistik auskennen mögen, denen aber die einfachen Alltagsqualitäten fehlen: Hätten sie diese, so würden sie die Frauen auf der Straße und in den Bordellen anhören, bevor solche unsinnigen Gesetze eingebracht würden.
Anstoß war ein Artikel in der TAZ
Was ist, bitte schön, eine Zwangsprostituierte? Eine ausländische Frau ohne Pass, die den größten Teil ihres Geldes einer Zuhälterorganisation abliefert? Mag sein – aber sehr viele Huren sind Ausländerinnen, und niemand trägt immer seinen Pass bei sich. Auch den Weg des Geldes erkennt der Freier nicht – man bezahlt bekanntlich bei der Frau selbst, und wohin das Geld wandert, kann der Hurenkunde nicht einmal erahnen.
Die Gesellschaftsordnung und der Journalismus sind immer schnell bei der Hand, wenn es darum gehr, mit Worten herumzuschmeißen: Von der „Zwangsprostituierten“ bis zur „Sexsklavin“, doch sind beide Begriffe so unscharf wie das ganze Vokabular, dass die Gesellschaft gegenüber Huren kennt: Im Grund wird die Hure verachtet, was sich schon daran zeigt, dass sich kein Journalist (oder jedenfalls kaum einer) nach deren Meinung zum Gesetz erkundigt. Ginge es um Frauen, die zum Frisieren versklavt werden, würde man natürlich sofort die Friseurinnung anrufen.
Was ist das Gesetz nun eigentlich? Ein Anti-Friedman-Gesetz, ein Gesetz also, das den vermeintlich Kundigen veranlassen sollen, keine russischen Importhuren für Partys zu bestellen? Oder ist es etwa ein Anti-Prolo-Gesetz, das die Bumsbusse nach Tschechien stoppen soll? Siegfried Kauder hat sich zwar klar ausgedrückt, bei welchem Anlass er auf die Gesetzesidee kam, doch spielt der Anlass keine Rolle: Ist es nicht in Wahrheit ein Gesetz, dass die Prostitution generell stoppen soll, weil jeder mit einem Bein im Gefängnis steht, der auch nur Kontakt mit einer Hure aufnimmt?
Ich habe den Verdacht, dass in Wahrheit Letzteres gemeint ist. Der Hurenberuf soll aufs Neue diskriminiert werden, die Ausübung erschwert oder verunmöglicht werden. Man sagt zwar „Freier“ meint aber „Huren“ – Parallelen zu Schweden werden deutlich. Dort findet die Prostitution angeblich plötzlich nicht mehr statt, seit die in der Öffentlichkeit erkennbaren Freier mit Geldstrafen bedroht werden – sagen die Befürworter. Vielleicht glauben sie auch noch an Grimms Märchen, denn wo Freier in der Öffentlichkeit bedroht werden, gehen sie eben in Untergrund-Bordelle – was dort geschehen mag, stellen wir uns lieber nicht vor. Schwedische Doppelmoral eben: Was man nicht sieht, existiert auch nicht.
Ja, man könnte eine Glosse schreiben: Wird es jetzt einen Ausweis als „zertifizierte Qualitätshure“ geben? Muss man sich die Steuernummer geben lassen, um zu beweisen, dass man sich nicht „leichtfertig“ ihrer Dienste bedient hat? Nein, nein, so etwas sollte man gart nicht erst anfangen. Lieber sollte man mal hinhören, was die Huren selber zu dem Thema sagen, doch dass tun angesehene deutsche Parlamentarier natürlich nicht – die Gesetze werden von Leuten eingebracht, die sich in der Kriminalistik auskennen mögen, denen aber die einfachen Alltagsqualitäten fehlen: Hätten sie diese, so würden sie die Frauen auf der Straße und in den Bordellen anhören, bevor solche unsinnigen Gesetze eingebracht würden.
Anstoß war ein Artikel in der TAZ
sehpferd - am Sonntag, 30. Januar 2005, 15:15 - Rubrik: deutschland im blick
noch nichts dazu gesagt - etwas dazu sagen
Kaum ist Volker Kauder aus einem Fettnäpfchen halbwegs ohne Federlassen heraus, schon tappt sein Bruder Siegfried in das Nächste hinein: Der Bruder will Freier bestrafen, die „leichtfertig nicht erkennen", dass sie Sex mit so genannten „Zwangsprostituierten“ haben (Ja, es hieß haben - das darf man sich gerne bildlich vorstellen). Die Strafen sollen drastisch ausfallen: der „leichtfertig Unwissende“ soll „bis zu“ zwei Jahren in den Knast, währen der „absichtlich Unwissende“ gleich bis zu fünf Jahren in den Kahn gehen soll. Und was sagt die angeblich so liberale Wochenzeitung DIE ZEIT dazu? Sie stimmt zu. Offenbar hat man die bürgerlich orientierten Frauenrechtlerinnen im Auge: typische ZEIT-Leserinnen. Zwar beginn der Beitrag von Martin Klingst als Glosse, er endet aber knallhart: "Die Richtung des Kauder-Vorschlags jedenfalls stimmt: Wer die Ausbeutung der Frauen unterbinden will, muss die Kunden treffen".
Merkwürdig, dass die CDU so etwas tatsächlich als Gesetzentwurf einbringen will, und dies schon im März dieses Jahres. Da sagt sogar die SPD (mit Recht) dass es „in der Praxis kaum“ gelingen werde, der bösen, bösen Freier habhaft zu werden. Damit erst gar keine Rückfragen entstehen: Ich bin ein absoluter Verfechter der Freiheit der Prostituierten und ein Gegner jedweden Menschenhandels – aber ich hasse Populisten.
Was die Sache zusätzllich sehr pikant macht: der Herr Siegfried Kauder sagte einer Zeitung, (Zitat aus derselben): „Ausschlaggebend für seine Initiative sei der damalige entsprechende Fall des Talk-Masters Michel Friedman“ gewesen.
Aha. Noch einer der auf dieser Welle reitet: Such die einen populären, aber weitgehend zwiespältig angesehen Prominenten, und koche dein Süppchen auf seine Kosten. Ich denke, ich muss nicht sagen, welche Empfindungen dies in mir auslöst, oder vielleicht doch? Ja, genau das, was sie denken, liebe Leser.
Merkwürdig, dass die CDU so etwas tatsächlich als Gesetzentwurf einbringen will, und dies schon im März dieses Jahres. Da sagt sogar die SPD (mit Recht) dass es „in der Praxis kaum“ gelingen werde, der bösen, bösen Freier habhaft zu werden. Damit erst gar keine Rückfragen entstehen: Ich bin ein absoluter Verfechter der Freiheit der Prostituierten und ein Gegner jedweden Menschenhandels – aber ich hasse Populisten.
Was die Sache zusätzllich sehr pikant macht: der Herr Siegfried Kauder sagte einer Zeitung, (Zitat aus derselben): „Ausschlaggebend für seine Initiative sei der damalige entsprechende Fall des Talk-Masters Michel Friedman“ gewesen.
Aha. Noch einer der auf dieser Welle reitet: Such die einen populären, aber weitgehend zwiespältig angesehen Prominenten, und koche dein Süppchen auf seine Kosten. Ich denke, ich muss nicht sagen, welche Empfindungen dies in mir auslöst, oder vielleicht doch? Ja, genau das, was sie denken, liebe Leser.
sehpferd - am Mittwoch, 26. Januar 2005, 23:38 - Rubrik: deutschland im blick
noch nichts dazu gesagt - etwas dazu sagen