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Wenn Sie mit Ihrem Leben unzufrieden sind, dann können Sie die politischen und gesellschaftlichen Verhältnisse ändern, die Menschen ihrer unmittelbaren Umgebung ändern oder sich selber ändern. Die letzte Möglichkeit ist erstens effektiv, geht zweitens relativ schnell und ist drittens kontrollierbar.

Vielleicht hören Sie dies nicht gerne, aber: Je höher sie auf der politischen Ebene ansetzen (Globalisierung, Kapitalismus, Weltpolitik), umso unglaubwürdiger werden sie – und je unmittelbarer sie sich selber verändern, umso erfolgreicher und glücklicher werden Sie.

Also: Wenn Sie schon etwas verändern wollen, fangen Sie bei sich an. Und dann machen Sie noch ein bisschen Politik. Wenn Sie heute dreißig Jahre alt sind, werden Sie bemerken, dass ihre persönliche Veränderung Ihnen bereits nach einem Jahr Früchte gebracht hat – dann wären Sie einunddreißig Jahre. Ihre Worte, die sie an die Welt richten, werden vielleicht nach elf Jahren fruchten – wenn sie nicht inzwischen der Wind gefressen hat - und falls sie ihnen dann tatsächlich zu Gute kommen.

Wenn Sie mir nicht glauben: Sprechen sie einmal mit jemandem, der die 68er-Revolution noch mitgemacht hat (das war vor fast 40 Jahren). Fragen sie ihn bitte dann, ob die grundsätzlichen Fragen, die damals gestellt wurden, heute hinreichend beantwortet sind. Dann Fragen Sie ihn bitte nach seinen persönlichen Zielen, die er vor 40 Jahren hatte – und nun lassen Sie sich erzählen, ob diese hinreichend erfüllt wurden.

Man kann und man darf es tun – sich selbst verändern. Doch wir kommt es, dass die einst relativ populären Selbstveränderungsprogramme inzwischen so unpopulär sind? Vielleicht, weil uns Leute eingeflüstert haben, dass der einmal eingeschlagene Trampelpfad, so abwegig er auch sein mag, immer gut ist. Vielleicht, weil die Schokoladenpsychologie „ich bin O.K – du bist O.K“ die Leute eingelullt hat – wer „O.K.“ ist, der muss sich ja nicht mehr verändern.

Doch persönliche Veränderungen sind heute bei weitem nötiger als vor etwa 30 Jahren, als Selbstveränderungsprogramme Mode wurden. Der Unterschied: Damals nahm man solche Programme, um einen an sich richtigen Weg noch zu verbessern – und heute müssen ganze Gruppen aufbrechen, um den Holzweg zu verlassen und wieder auf feste Straßen zu kommen. Ob das alleine durch Selbstveränderungsprogramme gehen wird? Sicher nicht. Die Älteren werden den Jüngeren sagen müssen, dass die heutige Anspruchswelt vorübergehender Art ist – aber an dieser Stelle beginnt schon beinahe eine politische Diskussion. Doch muss sie geführt werden, denn nichts schockt Ideologen aller Couleur mehr, als wenn Menschen aufbrechen, sich selbst zu helfen – und, wie in diesem Fall, sich zu verändern.

Ich werde jedenfalls in Zukunft versuchen, etwas von dem alten Wissen der Selbstveränderung zu retten - zum Beispiel dies: Verhalten ist erlernt, und es kann neu erlernt werden. Zu simpel? Na, dann versuchen sie es mal.

Wenn Sie mögen, dann lesen Sie dazu, was ich in Wortwechsler geschrieben habe. Hier der Direktlink dazu.

Eine Anmerkung: Selbsveränderungsprogramme sind Programme zur Verhaltensänderung, also keine Selbsthilfe- oder Selbsterfahrungsgruppen.

Was mich an meinen Landsleuten stört, sin die vorschnellen Urteile. Besonders die Web-Generation scheint sich da ganz festgelegt zu haben. Erst urteilen – dann informieren – dann eingestehen, dass man gar nichts weiß – wenn es dann noch geht. Wer, wie ich, häufig kommentiert, weiß, dass man selber nicht davon frei ist.

Im Internet kommt Schein und sein sehr schnell zusammen. Gestern war es ein Lamento um ein gebrochenes Herz. Abgesehen davon, dass mir allein der Begriff nicht gefällt (ich bin Herzpatient, was manches erklären mag), ist es natürlich nur eine dichterische Metapher – und hat mit Gefühlen eigentlich gar nichts zu tun. Was man wirklich fühlt, wenn man mit dem vorgeblich gebrochenem Herzen daniederliegt, mag der beschreiben, der es gerade empfindet – und wenn er ehrlich ist, wird keinen solchen Schachsinn sagen wie „er hat mir das Herz gebrochen" – es sei denn, man wolle bei ein paar Pseudofreundinnen Tränen loswerden. Wer wirklich leidet, wird, sagen, was er fühlt, wie er es fühlt und welchen Schmerz es ihm bereitet.

Der Dame, die das vom Herzen so dahersagte, hatte ernstliche Schwierigkeiten – da war in Wahrheit eine Trennung zu bearbeiten – und da war eine Blockade, sich wirklich an sich selbst heranzutrauen. Sie bewegte sich offensichtlich in dem Status, der ein Entrinnen fast unmöglich macht: „Meine Trauer und meinen Schmerz kenne ich, und das alles drückt mir auf die Seele, aber all dies ist wenigstens bekannt – was sagt ihr? Ich soll es ändern? Dann müsste ich doch etwas Unbekanntes tun – könnt ihr mir wirklich garantieren, dass es dann besser wird?“

Ich hatte einen längeren Dialog mit der Dame, soweit man Interndialoge als solche bezeichnen kann, und fand wenigsten einige Grundzüge des Problems hinaus – und siehe da, die Dame suchte tatsächlich, wenn auch erst in Ansätzen, nach Lösungen. Vorläufig war die Devise allerdings noch: „Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass“. Es wurde auch Zeit, dass sie ihre Probleme anging. Trennungsschmerzen solch heftiger Art sind nach 18 Monaten der Trennung eher ungewöhnlich. Ich denke, ich konnte ihr wenig helfen. Wer wirklich helfen kann, ist ein selbstloser Zuhörer vor Ort – es muss kein Psychotherapeut sein. Bei dieser Gelegenheit mag ich sagen, dass ich – trotz einiger Vorbehalte – immer noch besser finde, man geht zu einer Gruppe von Emotions Anonymous als gar nichts zu tun.

Um auf die Vorurteile zurückzukommen: Die Gemeinschaft (es war kein Psychotreffen) wollte nur Gefühle zulassen – keine Lösungen. Sehen Sie, und das hat mich zu dem gebracht, worüber ich heute schreibe: „Gefühle“ gibt es im Web im Dutzend billiger.Man kann über sie schwadronieren, bis die Augenlieder herunterfallen, notfalls per cut-and-paste. Man muss sich ja niemals, wirklich niemals verantwortlich zeigen. Mal auf der Durchreise ein paar Gefühlsbrocken hinterlassen. Morgen geht man in den nächsten Chat, das nächste Forum, das nächste Blog, Damen trösten. Kostet nichts. Ist, wie ins Kino gehen. Und notfalls eben: Cut-and-paste.

Eine Nachtdiskussion im Web geführt – im Sinne der angeblich sozialen Software – und abermals erkannt, wie erbärmlich doch dieses Web ist – nur, wer einem anderen in die Augen schauen kann, wird jemals die Probleme der Person erkennen – und nicht spruchtriefend über sie hinweggehen.

Ob mein Beitrag schließlich half? Ich glaube, nicht sehr. Aber er war immer noch effektiver als diese hilflose Gefühlsduselei, die man den Strauchelnden entgegenzubringen gewohnt ist.

Nachdem der Einstieg in die Kommunikation mit vielen Beispielen bereits im „Wortwechsler“ und im Blog „Changes“ erfolgreich dokumentiert wurde, habe ich nun eine Einführung in die Thematik der Probleme hinzugefügt – vorerst sind es nur vier Seiten, und es ist wirklich nur ein Einstieg. Dennoch mag es Sie interessieren, wenn Sie sich im Alltag mit Problemen und Lösungen beschäftigen.

Menschen haben, wer wollte es bestreiten, Bedürfnisse, und über diese Bedürfnisse hinaus können und sollen sie Wünsche haben. Wer sie verwirklichen will, weiß, dass neben Glück auch etwas Anstrengung damit verbunden ist.

Zu den Wünschen, die etwas schwieriger zu erfüllen sind, gehören alle, die man nur mit anderen gemeinsame verwirklichen kann – unter ihnen vor allem das gemeinsame Glück in der Zweisamkeit, das viele Formen haben kann. Man muss also bei der Wahl seiner Partnerin oder seines Partners bereits ein wenig berücksichtigen, was gemeinsam möglich ist, denn nur so können Wünsche in Erfüllung gehen.

Ansprüche hingegen vertragen sich nicht mit der Partnersuche – Sie haben dem Partner gegenüber nichts zu „beanspruchen“ und er kann gegenüber Ihnen nicht „beanspruchen“. Auch Ihre Eigenaussage: „etwas anspruchsvoll“ sollten Sie überdenken – es ist eine Umschreibung für „überdurchschnittlich Begierig“.

Wortgleich in Changes

Als ein Mann namens Siegmund Freud die Bühne der Psychologie betrat, brachte er zwei seltsame Gestalten mit: das sich ins Fäustchen lachende, auf dem Boden herumkullernde, triebhafte ES und das Bleistiftakkurate, auf dem Thron sitzende, kontrollierende ÜBER-ICH.

Ich weiß ja nicht, was Sie mit den beiden machen – ich hatte schon mal vor, sie aufs Sofa zu setzen, das eine links, das andere rechts, und mich auf den großen Sessel gegenüber zu setzen und zu gucken, was sie eigentlich da miteinander treiben. Oder ob ich sie in einen Papageienkäfig zusammensperren sollte und sie werst wieder rauslassen, wenn sie ganz lieb gurren?

Wem das zu kindisch ist, der kann es auch ernsthaft haben: Die ICHs – jetzt bei Changes.

Zunächst einmal: NLP heißt Neuro-Linguistische Programmierung – die drei Wörter bedeuten zwar einzeln etwas, im Zusammenhang aber leider nichts. Denn „Neuro“ steht für die Nerven, die bei NLP gar nicht zur Debatte stehen, „linguistisch“ heißt „vermittels der Sprache“ und „Programmierung“ wird als Synonym für Verhaltensmodifikation genutzt.

Die Sache ist weder neu, noch sensationell, noch hat sie irgendetwas, das andere nicht schon längst hätten: Bereits Ronald D. Laing und Paul Watzlawick haben darauf hingewiesen, dass Menschen auf die subjektive Abbildung der Realität reagieren und nicht unbedingt auf die Realität selbst – was freilich nicht bedeutet, dass Menschen in vielen Situationen auch durchaus gemeinsam auf „die“ Realität reagieren. Das Argument der NLP-Leute, dies sei eine neue Erkenntnis, erweist sich als Makulatur. Je mehr man das System entblättert, umso mehr zeigt sich, dass alles ein bisschen Pappmaché ist, das nur durch einen Kleister zusammenhält, und der heißt: Glaubenssätze.

Manche von ihnen sind so lächerlich trivial, dass man mit den Leuten von der NLP beinahe Mitleid haben kann., zum Beispiel die, dass sich Geist und Körper wechselseitig kybernetisch beeinflussen. Lässt man einmal das „kybernetisch“ weg, weil bei wechselseitiger Beeinflussung immer kybernetische Effekte vermutet werden können, so bleibt nicht als die triviale Feststellung:; Körper und Geist beeinflussen einander. Das allerdings wussten wir auch schon vorher – schließlich ist der Geist an den Körper gebunden - er schwirrt also nicht um unser Gehirn herum wie ein Vögelchen.

Selbst das angeblich so ungewöhnliche Rezept „Rapport herstellen“ (NLP verwendet, ähnlich wie Scientology, ein paar Dutzend solcher inhaltsloser Neusprech-Begriffe) ist nicht im Geringsten neu. Es bedeutet nicht mehr und nicht weniger, als sich an den Kommunikationspartner anzugleichen. Das haben schon die alten Kaufleute gewusst, die daheim durchaus Hochdeutsch redeten, mit dem „Kaptein“ aber eben auf Niederdeutsch – und in einem völlig anderen Tonfall. Jeder, der nicht total mit dem Dummbeutel geschlagen ist, kann ähnliche Erfahrungen machen: Für einen Norddeutschen empfiehlt es sich, in Süddeutschland wesentlich langsamer zu reden, und wenn der Fabrikinhaber bei seinem Vorarbeiter etwas erreichen will, dann kommt er besser an die Werkbank als dass man sich " auf'm Kontor" zu unterhalten versucht. Zwischen diesen kleinen Anpassungen und Woody Allans „Zelig“ liegt das weite Feld der Angleichung – stets ein gutes Mittel, um miteinander ins Gespräch zu kommen, aber keine neue psychologische Idee.

Auch die angeblichen Quellen, auf die sich NLP beruft, sind auf dem Treibsand der Psychologie zusammengebastelt. Denn Milton Erickson, Virginia Satir* und Fritz Perls haben weder namhafte Kommunikationsmodelle entwickelt, noch ist ihre Bedeutung unumstritten- und schließlich finden wir in der NLP, wenn überhaupt, nur noch Spuren der drei Lehren wieder, die, ich sagte es bereits, schon jede für sich ausgesprochen schwach begründet ist. Insbesondere Kenner der Ericksonschen Hypnosetherapie wie auch der Perlsschen Gestalttherapie verweisen immer wieder darauf, dass die charismatische Wirkung der Gründer mehr Gewicht hatte als die Therapie selbst – oder mit anderen Worten: Ein heutiger Hypnose- oder Gestalttherapeut ist in keiner Weise wirksamer als irgendein anderer Therapeut. Die Grundannahme der NLP-Begründer, dass die genannten drei Therapien die „Effektivsten“ wären, gehört allein ins Reich der Fantasie.

Was bleibt? Vor allem die Heilserwartung. Sie versetzt bekanntlich Berge. Und wo NLP angeblich geholfen hat, hätte früher vielleicht der Glaube an Gott geholfen – oder eben der Glaube an die tägliche Zuckerpille, die vorgeblich einen neuen Wunderstoff gegen den Kopfschmerz enthielt. Wenn Sie mich nun fragen, warum NLP kommerziell so erfolgreich ist, dann kann ich Ihnen die Antwort geben: Die Leute wollen eine Psychologie, bei der ein Magier bunte Tücher aus dem Hut zieht – und das tut NLP allemal.

* Das "Kommunikationsmodell" von Virginia Satir hat nur in der Familientherapie Bedeutung und ist ansonsten völlig alltagsuntauglich.

Der Chefredakteur von „Psychologie heute“ schreibt:

Distanz- und Geheimnislosigkeit sind das beste Rezept, um Beziehungen zu zerstören. Wir brauchen heute mehr denn je eine geschützte Zone in unserem Leben, wir brauchen zumindest die Chance, Geheimnisse zu haben und zu bewahren. Denn sie sind weit mehr als nur „Privatangelegenheiten“, sie sind eine psychologische Notwendigkeit.

Hätte er dergleichen in der „Enthüllungszeit“ der Selsbsterfahrunsgruppen geschrieben, er hätte sich der Leserbriefflut wütender „Zwiebelschäler“ kaum erwehren können – und er hätte vermutlich in der nächsten Ausgabe einen neuen Leitartikel mit einem Spagat zwischen Zeitgeist und Auflagenhöhe machen müssen.

Was wir daraus lernen können? Psychologen weniger ernst zu nehmen und ihre Ergebnisse zu einem großen Teil als Folgen des Zeitgeistes anzusehen. Was bleibt, entscheidet die Zeit.

Ich lese auch die Literatur jener, die über das Menschsein ganz andere Auffassungen habe als ich, zum Beispiel die Fraktion der positiven Denker, die eigentlich nicht „positives Denken“ proklamiert, sondern einen Süßbrei unter dem Etikett „Ich bin O.K. – du bist O.K.“ vermarktet.

Sätze mit „obwohl“ wagen die meisten Menschen ja heute schon überhaupt nicht mehr zu sagen – oder vielleicht haben sie es auch gar nicht mehr gelernt. Jedenfalls sollten Sie manchen Menschen vielleicht so gegenübertreten:

Obwohl du sicher O.K. für dich selbst bist, sind deine Angebote an mich noch lange nicht O.K. Ich sage dir „nein“, weil du selbst den weitaus höheren Gewinn daraus ziehst – und das ist für mich nicht O.K.

 

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