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Im Rahmen der „Berliner Literaturkritik“ wird am Dienstag, 26.Oktober 2004, auch das Buch „Blogs!“ vorgestellt. Mir war neu, dass Buchproduktion dieser Art den Titel „Literatur“ verdienen, aber wie sagte einst Fritz Teufel? „Wenn es denn der Wahrheitsfindung dient“.

Auch nach längerem Suchen konnte ich freilich keine Veranstaltung finden, in der die literarische Substanz des Berliner Telefonbuches behandelt worden wäre, was ich sehr bedauerlich finde.

Anwesend sein werden bei der "Blogs!"-Würdigung angeblich auch namhafte deutschsprachige Blogger(innen) und stattfinden soll es am Dienstag, 26. Oktober im „Roten Salon“, Rosa-Luxemburg-Platz 2, 10178 Berlin (Mitte).

Amerikanische Blogger machen Politik, deutsche Blogger unterstützen eine Comic-Figur der Schuhfabrik Salamander, die jetzt abserviert wurde: Lurchi. „Und in den Blogs klingt’s lange noch: Salamander lebe hoch“. Na denn.

Jimmy macht sich Gedanken über das Bloggen: „Ist Bloggen nur etwas für Dampfplauderer, Weltverbesserer, Labertaschen, notorische Selbstdarsteller und Besserwisser?“, fragt er – in seinem Blog. Aber ach – es waren „Gedanken an einem Novembertag im Oktober“. Ich hatte heute einen Septembertag im Oktober. Ob das Wetter die Einstellung zum Bloggen beeinflusst? Eines ist jedenfalls sicher: Noch weniger als beim Bloggen kann man nur an der Schießbude auf dem Jahrmarkt gewinnen. Ich jedenfalls schreibe tiefrote Zahlen mit diesem Blog – in jeder Hinsicht. Ob mich das am Bloggen hindert? Noch nicht. Noch glaube ich, mit dem Blog in meine Zukunft zu investieren.

Wenn es nicht klappt, wechsele ich eben das Medium.

Am Tage eine CD-Verkäuferin, aber stets eine Domina – so beschreibt sie sich selbst. Warum sie hier vorkommt? Weil sie auch eine Bloggerin ist. Sie heißt Octavia Arena und ich wundere mich ein bisschen, wo sie noch die Zeit fürs Bloggen her nimmt, denn die Kunden einer Domina können ganz schön anstrengend sein – oder irre ich mich da?

Nun, vielleicht bekommt sie all die schönen Dinge ja wirklich, die in ihrer Amazon-Wunschliste stehen. Kleinlich ist sie da nicht.

Früher war wenigstens auf eines Verlass: Ein Rotkäppchen war ein Rotkäppchen und ein Wolf war ein Wolf, also fraß der Wolf das Rotkäppchen, das sich aber als unverdaulich erwies, so dass der Jäger es wieder aus dem Wolfsleib herausschneiden konnte.

Heute fressen die Rotkäppchen die Wölfe, und obgleich diese für die Rotkäppchen absolut unverdaulich sind, kommt kein Jäger, der sie wieder herausschneidet – und dies, obwohl sich die Rotkäppchen nach dem Wolfsverzehr kotzübel fühlen.

So gesehen, verstehe ich auch manche Bloggerinnen.

Angeregt wurde ich durch diesen Beitrag.

Jane empfiehlt nicht jeden Tag ein Blog. Aber diesmal tut sie es: Eine junge Dame hat sich ein Blog eingerichtet, in dem sie eigene erotische Zeichnungen veröffentlicht.

Sie sind schon sehr erotisch, sodass zuvor das Alter abgefragt wird. Deshalb geht der Link auch nicht direkt auf das Blog, sondern auf die Startseite. Oh, das ganze Blog ist in französischer Sprache – die Bilder natürlich nicht.

Ein alter Händlerspruch wird wieder wahr: Konkurrenz belebt das Geschäft. Seit es nämlich recht viele Bloggerinnen und Blogger gibt, deren Tagebücher sexuelle Themen, eigene Sexerlebnisse und erotische Lüste beinhalten, denkt man beim Lesen nicht nur an Sex, sondern auch an Qualität.

Bestes Beispiel: der Schmuddelblogger. Eigentlich schrieb er nie schmuddelig, sondern nur konsequent, aber mir scheint, dass er noch wesentlich besser geworden ist, sei so viele Mitbewerber um die Lesergunst aufgetreten sind.

Gelegentlich erhalte ich spöttische, ab und an auch aggressive Bemerkungen über die Beurteilung von Weblogs: Wer gibt Ihnen, Herr Sehpferd, eigentlich das Recht, darüber zu urteilen?

Nun, es gehört zunächst zum Leben des Erwachsenen dazu, zu urteilen: Viele meiner Leser werden dies wissen, da sie ständig beruflich etwas beurteilen müssen. Dazu muss man nicht Journalist oder Finanzchef sein, es reicht völlig, irgendwo an einer Hotline zu sitzen.

Die Lebenserfahrung sagt uns, dass wir auch dann ständig beurteilt werden, wenn wir nichts davon erfahren. Mancher hat dies schon schmerzlich erlebt, wenn ihm nach langer Zeit von seinem Team oder seinem Partner der Spiegel vorgehalten wird: Siehe, ich sehe dich ganz anders als du glaubst, dass ich dich sehe. Das ist umso bitterer, je verblendeter man zuvor war. Man kann nur raten, sich vor allem vor falschen Freunden zu schützen: Gegner sind in der Regel ehrlicher.

Diejenigen, die ein Urteil über sich lesen, sollten also froh sein. Sie erfahren dann etwas, was man ihnen sonst vielleicht vorenthalten hätte. Weblogs beurteilen? Selbstverständlich. Schließlich beurteilt die schreibende Zunft auch die Politik, die Literatur und gelegentlich sogar andere Presseerzeugnisse.

Doloresse präsentiert sich zu meiner Überraschung schon wieder im neuen Kleid – und außerdem sieht es bei ihr jetzt viel aufgeräumter aus.

Diesen Satz sollte man sich merken: „How I INVENTED THE LIFE OF A 28 YEAR OLD SINGLE MOM GIRL”. Sollte mich wundern, wenn sich daraus nicht ein wunderbares Buch machen ließe. Zumindest ein viel gelesenes. Die Sache selbst hat auch Charme: "wie ich mich selbst erfand, indem ich ein Blog über mich anlegte". Was mir dazu einfällt: Nur wenige Menschen sind in der Lage, überhaupt eine Geschichte zu erfinden. Aber sich selbst zu erfinden, ist schon noch etwas mehr. Da purzeln mir die Wortspiele nur so im Hirn herum.

 

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