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Die Kooperation zwischen dem auf dem Blog „43 Things“ basierenden Startup-Unternehmen „Robot Co-op Blogs“ und dem Online-Buchhändler Amazon hat in der Presse lebhaftes Interesse gefunden, während sich die Blogger weitgehend zurückgehalten haben, so, als beträfe es sie nicht.

Indessen sind mittlerweile ein paar Hintergrundinformationen durchgesickert, die die Sache in einem völlig neuen Licht erscheinen lassen. Wie der Informationsdienst „intern.de“ unter Berufung auf einen Artikel in salon.com meldete, könnte die Webseite „43 things“ von vornherein als verlängerter Marketing-Arm des Versandbuchhändlers in die Bloggerszenerie geplant worden sein. Diese Information war sogar der „Business Week“ einen Beitrag wert.

Nun ist „43 things“ nicht irgendein Blog, sondern eine Plattform für Menschen, die noch etwas vom Leben erwarten: Ziele setzen, den Weg dorthin verfolgen, und letztlich über Erfolg oder Misserfolg berichten. Wer gleiche Ziele hat, wird auf andere Autoren hingewiesen, um einen Gedankenaustausch zu ermöglichen.

Menschen, die sich solche ehrgeizigen Ziele gesetzt haben, brauchen Bücher: Meist solche, die es in den zwei Buchklitschen am Ort nicht gibt (wenn es denn überhaupt einen Buchhändler am Orte gibt – in Amerika und Kanada, aber auch in Finnland, Schweden und Norwegen kann der Gang zum Buchhändler Stunden dauern. Was liegt da näher, als die Bücher bei Amazon zu bestellen?

Doch die Sache hat noch einen anderen Vorteil: Amazon bekommt durch das Blog auch einen Überblick über die Interessenlage einzelner Kunden und kann sie nun gezielter mit Werbung versorgen. Dies mag nachteilig für die Mitbewerber von „Amazon“ sein – sie müssen sich wieder etwas einfallen lassen. Für den Kunden, so meint jedenfalls die „Business Week“, sei es keinesfalls nachteilig: Wenn sie erfahren würden, dass Amazon hinter dem Blog steht, wäre ihr Vertrauen nur noch größer – schließlich hätten sie Amazon größtenteils auch schon so etwas Intimes wie ihre Kreditkartennummer anvertraut.

Das Beispiel von Amazon wird – da sind sich die Insider der Internet-Branche ziemlich sicher – Schule machen. Blogs sind ein hervorragendes Mittel, Gutes über Waren und Dienstleistungen zu sagen und die Leser dann nach und nach zum Kauf zu bewegen, vorausgesetzt, dies geschieht nicht allzu vordergründig. Es scheint, als sei die Zeit der Blauäugigkeit abgelaufen: Blogs sind längst zu einem Kommunikationsmedium geworden wie jedes andere auch – nur die Mehrheit der Blogger hat es noch nicht begriffen.

sehpferd berichtete darüber zuvor unter dem Titel "Amazon steigt bei einem Blogger ein".

Wie Cnet meldete, hat der populäre Buchversandhändler Amazon sich finanziell an einem Blog beteiligt. Die Höhe der Investitionen wurde allerdings nicht bekannt.

Partner in der Kooperation ist der ehemalige Amazon-Manager Josh Peterson, dessen Firma Robot Co-op Blogs das anspruchsvolle Blog „43 things“ betreibt. Das Konzept von „43 things“ ist bislang einmalig in der Blogger-Welt: Am Anfang können die Mitglieder bis zu 43 Ziele definieren, die sie in naher oder ferner Zeit erreichen wollen. Einmal veröffentlicht, werden die Ziele dann zum Ansporn, über die Erfolge und Rückschläge auf dem Weg dorthin zu berichten.

Indessen scheint es Amazon auf einen Nebeneffekt anzukommen: Das Blog bietet die Möglichkeit, ähnlich gelagerte Ziele zu bündeln. Damit soll in erster Linie ein Gedankenaustausch ermöglicht werden, doch fällt als Nebeneffekt in dieser interessanten Zielgruppe eben so mancher Buchwunsch an – gut für den Kooperationspartner Amazon.

Die Beteiligung von Amazon an einem Blog wirft einen scharfen Lichtstrahl auf die zukünftige Verwendung des neuen Kommunikationsmittels „Blog“.

Das Weltbild der Blogger, die sich am Liebsten als eine große, vernetzte Gemeinschaft verstehen würden, gerät ins Wanken: In Zukunft werden Blogs und sicher auch Blogger immer mehr in andere Netzwerke eingebunden werden. Dies birgt vor allem Chancen für innovative Blogger, die eine neue Einnahmequelle suchen, während es für die bisherige Bloggergemeinde mit ihren kaum überschaubaren Interessen wahrscheinlich schwerer wird, in der Öffentlichkeit Beachtung zu finden.

Die in Österreich erscheinende Tageszeitung Der Standard hat, wie es scheint, die Blogs entdeckt. Thema ist das angebliche „Unwort“ des Jahres, im Klartext „Humankapital“ und die Diskussion darüber. Wörtliches Zitat aus dem Standard: „Darüber ist mittlerweile ein heftiger Streit entbrannt, die Blogs sind hochemotional.

Nun sind zwar die Blogs nicht hoch emotional, sondern bestenfalls die Menschen, die dort schreiben und kommentieren, aber das verzeihe ich für diesmal. Schließlich werden ja auch nicht jeden Tag irgendwelche „parkenden Autos“ korrigiert.

Von der dpa habe ich gelernt, dass es immer mehr Blogs junger Mütter und Väter gibt, die über die Entwicklung ihrer Babys berichten. Nebenbei erfuhr ich noch, dass diese Weblogs wie Pilze aus dem Boden wachsen.

Ich wollte schon immer wissen, was wirklich wichtig ist an Blogs: Windel wechseln und Zahnen. Jetzt weiß ich es.

Der Artikel enthält im Übrigen zwei gravierende Deutschfehler – ein Rekord bei solch einem kurzen Artikel, und vor allem: Kein Redakteur scheint es gemerkt zu haben.

„mit ihren neugeborenen Kinder“ –„so viel wie in den Jahr davor“

Der in Österreich erscheinende „Standard“ schreibt unter dem Titel „Blog Attack!“ über das Internet und den modernen Journalismus.

Dabei wird eine interessante journalistische Zukunftsperspektive für Blogger entworfen: „(sie) … werden sich bis zu einem gewissen Grad professionalisieren, einige werden dann von traditionellen Medien gekauft werden“.

Doch der Standard meint, dass sich auch Journalisten verstärkt den Blogs zuwenden würden: „Die traditionellen Medien werden vermehrt Inhalte der Blogger aufgreifen, nachrecherchieren, widerlegen oder bestätigen, jedenfalls veredeln“.

Ich kann meinen bloggenden Kollegen nur empfehlen, rechtzeitig auf die richtigen Pferde zu setzen – und die laufen in Richtung Professionalität und Wirtschaftlichkeit. Was wir heute in den deutschsprachigen Ländern tun, kann bestenfalls als eine Übung für die Zukunft des Bloggens angesehen werden. Ich nehme mich dabei keinesfalls aus.

Audacia Ray, die Frau hinter dem Blog Waking Vixen, hat ihr Logo verändert: Trat uns noch vor kurzem ein Brillengesicht entgegen, so sehen wir jetzt einen schönen, an den Fotografen und Dadaisten Man Ray erinnernden Rücken, der mit einem ähnlichen Foto bekannt wurde - freilich nicht nur mit dem einen.

Man Ray, der vor allem Maler war, aber mit der Fotografie Weltruhm erlangte, lebte auf dem Höhepunkt seines Ruhms in Paris. Obwohl er auch heute noch sehr populär ist, folgt ihm kaum einer unserer jungen Fotografen nach. Sehr schade, denn die Sichtweise des Malers verhalf Man Ray zu ganz anderen Einsichten als es der plakative Blick des reinen Fotografen je vermochte.

Audacia Ray sollten sie in jedem Fall lesen. Eine Frau in der Erotikbranche, die nicht nur intelligent ist, sondern ihren Berufsweg auch vehement verteidigt.

In Frankreich wurde kürzlich ein Bankierssohn Zeitungsbesitzer: Edouard de Rothschild übernahme einen Anteil der linksliberalen Tageszeitung „Libération“.

Die „Neue Züricher Zeitung“ griff das Thema der Unabhängigkeit bei solchen Besitzverhältnissen auf – anlässlich einer Tagung in Lugano, bei der Wissenschaftler und Journalisten über den Medienbetrieb diskutierten.

Erwähnt wurde dabei auch der positive Einfluss US-amerikanischer Blogger. Sie, so hieß es, hätten dazu beigetragen, „Defizite und Ungereimtheiten in den Berichten der «traditionellen» Medien aufzudecken“.

Wie schön für Amerika. Deutsche Blogger tun dergleichen selten, weil sie unter anderem über viel zu wenig Recherchekunst verfügen, um mögliche Fehler in der Berichterstattung aufzudecken. Hinzu kommt allerdings auch, dass sich bislang kaum ein Blogger qualifiziert um die Berichterstattung der Medien kümmerte (von bekannten Ausnahmen einmal abgesehen). Wieder ein Defizit in der Berichterstattung aufgedeckt: Diesmal allerdings bei den meisten Bloggern.

Mario Sixtus hat einen sehr interessanten Artikel über das Verhältnis von Bloggern und Journalisten für "heute.de" verfasst – und versucht dabei, das insbesondere von Bloggern aufgebaute Feindbild zu überwinden.

Sehr lesenswert und informativ, vor allem für Blogger, die in ihrem Heißhirn oft etwas vergessen: „So angespannt das Verhältnis zwischen Bloggern und Journalisten oft ist: So lange sich die beiden in ein und demselben Publikationsraum aufhalten, werden sie miteinander leben müssen.“

Dazu möchte ich gerne ergänzen: Und voneinander lernen. Vorläufig gibt es zumeist noch ein paar Grundlagen zu lernen. Nicht für Journalisten, sondern für Blogger.

Offensichtlich gibt es außer „Sat 1“ derzeit noch einen weiteren Renner in der Blogger-Gemeinde: Moshammer. Nachdem der SPIEGEL berichtete, dass sich auch Blogger auf die Popularität von Herr Moshammer einschössen, und dabei ein Münchner Blog erwähnte, stiegen die Zugriffszahlen dort sofort rasant an.

Etwa 16.000 Besucher in knapp drei Tagen brachte diesem Blog der SPIEGEL-Artikel ein. Doch auch ohne diese kostenfreie Zusatzwerbung hätte die ständige Wiederholung des Namens „Moshammer“ zur Popularitätssteigerung beigetragen.

Hier wird die Doppelmoral von Blogs deutlich: Ob man die BILD-Zeitung erwähnt, von ihr abschreibt oder sie angreift, kommt eigentlich immer auf dasselbe raus – man gewinnt mit aktuell breitgetretenen Themen auf relativ einfache Art Leser.

Wenn viel über Blogs geschrieben wird, kommen auch die Trittbrettfahrer einmal zum Zuge. Gerade entnehmen wir der IT Week einen Artikel von Tim Anderson, der den Titel „Die Macht der Blogs - sie sollte genutzt werden“ trägt.

Sehr nett, Herr Anderson, dass sie solche einen Artikel schreiben – nur hat leider die Überschrift mit dem Inhalt recht wenig zu tun. Würde irgendjemand einen solchen Artikel über die Presse, den Rundfunk oder das Fernsehen schreiben, so wäre ihm der blanke Hohn seiner Kollegen sicher.

Warum schreibt man dann in dieser Weise über Blogs? Weil man nicht begreifen kann oder begreifen will, dass Blogs mit der Scheuklappenmentalität der technikverbohrten Enthusiasten gar nicht beschrieben werden können. Es wird wirklich Zeit, dass den Softwareingenieuren und Systemadministratoren die Kompetenz aberkannt wird, über Blogs zu schreiben.

Blogs sind ein Kultuphanomen, und sie gehören deshalb ganz selbstverständlich auf die Kulturseiten – dass sie demnächst auch ein Wirtschaftsfaktor werden, steht auf einem anderen Blatt. Dennoch muss man feststellen, dass die Wissenschaftsredaktionen ihre Inkompetenz noch nicht begriffen haben, während die Wirtschaftsredakteure schon Lunte gerochen haben. Nur die Kulturpäpste schlafen noch auf ihren Büchern.

 

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