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Neben den vielen Kommentatoren anderer Medien erweist sich auch der Heise-Kommentator des Zeitgeschehens als ziemlich naiv. Dort heißt es: „Derzeit wird das Bloggen als neueste Killeranwendung im Internet über den grünen Klee gelobt und mit Business-Modellen aller Art beworfen, wobei der Dummheit keine Grenzen gesetzt sind“. Richtig daran ist lediglich, dass die Blogs neuerdings von Leuten über den grünen Klee gelobt werden, die nichts davon verstehen.

Doch die Business-Modelle werden wahrscheinlich eine bessere Zukunft haben, als es manchem Blogger lieb ist: Das Werbe-Blog hat durchaus eine Chance, und das PR-Blog auch: Gute Geschichten zu schreiben, in denen bestimmte Produkte gut wegkommen könnte eine der Verwendungsmöglichkeiten sein – wahrscheinlich würden es die Liebhaber der Umarmungsblogs gar nicht einmal merken. CDs werden ohnehin schon reichlich über Weblogs empfohlen, ohne dass auch nur der kleinste Verdacht aufkommt, Promotion betreiben zu wollen.

Fazit: Zwar mögen der Dummheit keine Grenzen gesetzt sein, aber der Klugheit eben auch nicht.

Nach Informationen der Wochenzeitschrift DER SPIEGEL hat die Organisation „Reporter ohne Grenzen“ anlässlich des UNO-Informationsgipfels vier Blogger zu einer Informationsveranstaltung in einem Cafe des Genfer Bahnhofsviertels eingeladen. Bei den Blogger handelt es sich um Bürger, die in ihren Heimatländern verfolgt werden, weil sie darauf beharren, von ihrem Menschenrecht auf freie Meinungsäußerung im Internet Gebrauch zu machen.

Der Münchener Merkur macht sich Gedanken über Blogs. Dort schreibt Dominique Salcher unter der Überschrift „zweifelhafte Nabelschau“ über das Für und Wieder der Blog. Als „Pro“ wird dabei die Authentizität und Unabhängigkeit der Blogger gewürdigt, als Kontra den Zweifel am Wahrheitsgehalt. Außerdem heißt es, dass es sich bei vielen Blogs um eine „zweifelhafte Nabelschau“ handle.

Die Zeitung geht dann der Frage nach, ob Weblogs ihre Unschuld (gemeint ist die wirtschaftliche Unabhängigkeit) verlieren würde. Indessen wären hier gründlichere Recherchen gefordert, denn selbstverständlich gibt es bereits PR-Blogs: dagegen spräche auch nichts, wenn von vornherein klar wäre, wer hinter den Blogs stünde: Im erwähnten GM-Blog geht dies nach meiner Meinung klar aus den Beiträgen hervor.

Wesentlich unklarer ist dies bei politischen Blogs, bei denen immerhin die Möglichkeit besteht, dass sie von Sponsoren „ferngesteuert“ werden, ohne dass gleich der Parteiname erwähnt wird. Auch im kulturellen Bereich scheint sich eine Art „Kooperation“ zwischen Produzenten und Vertreibern von Kulturgütern und anzubieten: „43 Things“ lässt grüßen – aber auch hier haben wir es nur mit dem Beginn einer Entwicklung zu tun, deren Ende noch gar nicht abzusehen ist.

Mein privates Fazit: der „Merkur“ kratzt gerade mal an der Oberfläche. Die wahren Informationen über Blogs werden wir demnächst ohnehin weder unter den Rubriken „Computer“ noch unter „Vermischtes“ wieder finden – ja nicht einmal im Kulturteil. Sie werden im Wirtschaftsteil der Zeitungen stehen..

Diese Geschichte erzählte mir in der Jugend einmal ein Lehrer:

Wenn einmal alles vorüber ist, werden die Denunzianten sagen, sie hätten ja nur als gute Bürger Unheil verhindern wollen, und die Kerkermeister werden sagen, sie hätten ja nur die Zellentür verschlossen, und die Henker werden sagen, sie hätten es viel lieber gesehen, ohne Folter auszukommen. Und alle, alle, alle werden sie leugnen, Schuld zu haben – und überhaupt: Wenn die Hexe denn einen wirklich guten Verteidiger gehabt hätte, dann wäre sie selbstverständlich auch freigekommen – es lag alles nur an den Verhältnissen, wissen Sie?

Nein, die Jagd auf den Journalisten Eason Jordan war keine Hexenjagd. Der Blogger, um den es geht, wollte ja nur die Wahrheit wissen. Und nun lesen sie einfach diesen Beitrag noch einmal von vorne.

(Ursprung war dieser Beitrag)

Haben Menschen eigentlich noch Sex, wenn sie lange Jahre verheiratet sind? Oh ja, und mache schreiben sogar darüber in einem gemeinsamen Blog. So wie diese beiden, Ed und Sue, die seit mehr als 20 Jahren verheiratet sind und jetzt ein Blog über das Sexleben eines reifen Paares führen. Titel des Blogs: eine perfekte Ehe.

Der Fall des angeblichen Journalisten „Jeff Gannon“, der eigentlich James Guckert heißt und für einen Nachrichtendienst Namens „Talon News“ schreibt, machte dieser Tage in den USA Furore. Die Regierung Bush wird bezichtigt, diesen Journalisten für seine Fragen bezahlt zu haben – als Stichwortgeber für den Präsidenten und andere Regierungsvertreter. Sicher scheint nur soviel zu sein: „Talon News“ wird von einem konservativen texanischen Geschäftsmann bezahlt.

In diesem Zusammenhang taucht freilich eine andere Frage auf: Angeblich haben Blogger die falsche Identität des so genannten Journalisten gelüftet. Es erstaunt, dass es nicht Kollegen waren. Ein Nachrichtendienst, der unter falscher Fahne segelt, hätte leicht entlarvt werden können. Es scheint manchmal, als würden die US-amerikanischen Medien es sich zu leicht machen: Dass ausgerechnet Blogger falsche Kollegen entlarven, spricht nicht gerade für Amerikas Journalismus.

Gelesen im Merkur.

Die Blogger in den USA frohlocken: Schon wieder haben sie einen Journalisten zur Strecke gebracht: Eason Jordan, CNN-Journalist und sicher kein Freund des gegenwärtigen amerikanischen Präsidenten, musste seinen Hut nehmen. Nicht für etwas, was er bewiesenermaßen öffentlich gesagt, sondern für etwas, das ein Blogger innerhalb eines privaten Bargesprächs aufgeschnappt haben will.

Für das, was der Blogger behauptet, gibt es keine Beweise, keine Videoaufzeichnung – gar nichts. Doch es könnte so gewesen sein: Jordan hat in einem Kreis, den er für privat halten musste, eine Bemerkung darüber gemacht, dass US-Truppen im Irak möglicherweise beim versehentlichen Beschuss der eigenen Leute auch Journalisten getroffen haben könnte – ob absichtlich oder zufällig, ließ er angeblich offen, aber wie bereits erwähnt, es gibt keine Zeugen, nur einen Menschen, der es so gehört haben will: Er heißt Rony Abovitz und ist Blogger, nennt sich selbst einen unabhängigen Denker, hält 120 Patente und ist an zwei US-amerikanischen Firmen beteiligt.

Doch erst durch Jeff Jarvis, einen ausgesprochen eifrigen Kämpfer gegen alles, was in Amerika „Presse“ heißt wurde das Feuer verbreitet. In dem Moment, als der viel gelesene Blogger in seiner „Buzzmachine“ kräftig auf den Journalisten, den Journalismus generell und die amerikanische Presse eindrosch, wurde die Bemerkung von Eason Jordan zum „Fall“ – und außerdem entdeckten sie nun die US-amerikanischen Edelmenschenblogs.

Eason Jordan hatte noch versucht, sich zu wehren, aber er hatte keine Chance. Er wird in die Geschichte eingehen als das erste Opfer einer selbst ernannten besseren Welt, die weder besser noch eine Welt ist: die Blogger. Niemand wird je erfahren, ob es sich nur um eine Indiskretion handelte oder um einen gezielten Mobberangriff im Auftrag rechtskonservativer US-amerikanischer Kreise.

Nur eines ist sicher: Journalisten werden in Zukunft nicht mehr nach Dienst zusammensitzen und die Probleme ihres Landes offen bei einem Glas Wein diskutieren können – am Nebentisch könnte ein Blogger sitzen und mitschreiben.

Die neue Affäre zeigt: Die amerikanischen Polit-Blogger haben ihre Glaubwürdigkeit verspielt. Sie sind zu einer gefährlichen Gruppe geworden, vor denen sich jeder hüten möge, dem die freie, faire und respektvolle Berichterstattung etwas Wert ist – und sie betreiben zudem ein gefährliches Spiel: In Zukunft könnten Politiker ihre Zettelkästen über ihre Gegner einfach Bloggern zustecken, die dann jede Verfehlung, von der Trunkenheit bis zum Hurenbesuch in der Welt herumplappern würden.

Was ich von diesen Blogger halte? Das, was man in Deutschland von Denunzianten hält. Genau das. Allerdings gibt es ein gutes Mittel, so meint jedenfalls die „Business Week“, die einen viel beachteten und außerordentlich objektiven Artikel über dies alles brachte: Selbst ein Blog beginnen. Und den Denunzianten kontra geben, wie ich hinzufügen möchte.

Quellen:
International und grundlegend Business Week
Deutsch: Telepolis - hier wurde der Begriff "Lynchmobber" verwendet.
Der ORF berichtet über die Hintergründe des Rücktritts.

„Ein starkes "Wir"-Gefühl ist unter den Bloggern kaum vorhanden“, schrieb mir ein Blogger, doch kurze Zeit später las ich den in Blogs vielbeachteten Artikel in der „Süddeutschen Zeitung“, in dem sich folgendes Zitat befand: „Wir sind Blogger. Wir sind kleine, mobile Einheiten. Wir fliegen unterhalb des Radars der Verlage und der Meinungsindustrie“. Na bitte. In diesem Zitat wird gerade so getan, als wären die Blogger das kollektive Sprachrohr der Entmündigten und Entrechteten, die Robin Hoods jener, die ohne Stimme wären, und offenbar nimmt es die „Süddeutsche“ ernst – sie hätte ansonsten wohl auch ein selbstkritischeres Zitat verwenden können.

"Wir"-Gefühl? Globale Verbreitung unerwünschter Nachrichten? Korrektiv der etablierten Presse? Damen und Herren, ihr nehmt den Mund ganz schön voll. Ich plädiere dafür, endlich herunterzukommen vom hohen Roß. Das würde auch jene Blogger ehren, die tatsächlich unter schwierigsten politischen Bedingungen und teils unter Lebensgefahr versuchen, die Wahrheit aus ihren jeweiligen Ländern ein bisschen in die Welt zu bringen.

"Wir"-Gefühl? Nein – nicht mit den Plappermäulchen, Besserwissern und Kampagnenreitern. Man hat schließlich seinen Stolz.

Die „Süddeutsche“ untersucht in einem recht ausführlichen Artikel die Bedeutung der Blogs – und kommt zu dem Schluss, dass Blogs eine „große Bühne der Einsamen“ bilden. Dabei würdigt der Autor Helmut Martin-Jung durchaus alles, was bislang in Blogs veröffentlicht wurde, und zwar diesseits wie jenseits des Atlantiks.

Indessen – die Bilanz ist mager. Zitiert wird immer wieder, wie Blogger den 26-fachen Emmy-Preisträger Dan Rather aus dem Beruf gedrängt haben – doch dies war einer der wenigen Vorfälle, in dem Blogger in Massen gegen ein etabliertes System, die CBS, protestiert haben. Inzwischen hat es einen anderen und weitaus brisanteren Fall gegeben, in dem ein bloggendes Plappermäulchen einen anderen CBS-Mann öffentlich diskreditiert hat – und dies auf eine Art und Weise, die eher von schlechten Kindergartenmanieren als vom distanzierten Wahrnehmungsvermögen des Erwachsenen zeugt: der Fall Eason Jordan.

Natürlich gab es einige spektakuläre Fälle, in denen Blogger auf Missstände hingewiesen oder falsche Behauptungen in der Presse widerlegt haben. Doch die Fälle werden strapaziert: Einmal, im Fall Kryptonite, wurden die Mängel eines Produkts durch ein Blog bekannt – doch tausende anderer Mängel wurden bereits durch Verbrauchermagazine festgestellt. Auch der in Deutschland bekannt gewordene Fall des Spreeblicks, der die Geschäftsgebaren von Jamba anprangerte, ist die bekannte vereinzelte Schwalbe, die noch gar keinen Sommer macht: Inzwischen ist der Speerblick wieder ein ganz normales Blog, von dem kaum Spektakuläres zu erwarten ist, und Jamba dürfte auf dergleichen Angriffe besser vorbereitet sein.

Generell aber – und auch dies kommt im Artikel der Süddeutschen heraus, leben Blogger von der Ideologie für die Ideologie. Sätze wie “Wir sind Guerilla-Publizisten. Wir sind Blogger. Wir sind kleine, mobile Einheiten. Wir fliegen unterhalb des Radars der Verlage und der Meinungsindustrie“ klingen eher nach Indianerspielen als nach ernsthaftem Journalismus, zumal von einer einseitig orientierten „Meinungsindustrie“ in Deutschland ebenso wenig zu bemerken ist wie vom Gegenwind der Blogger.

Doch zurück zum Artikel: Er stellt einige wenige positive Eigenschaften des Blogs heraus, ignoriert aber, dass die Masse der Blogger typische Webmüllproduzenten sind. Auch auf der gesellschaftspolitischen Ebene wird nur angerissen, was tatsächlich mit den Blogs passiert: Sie wurden im US-amerikanischen Wahlkampf ganz gezielt zur Meinungsmanipulation eingesetzt – also genau zum Gegenteil dessen, was sich die Ideologen der Szene auf die Fahnen geschrieben hatten.

Zu guter Letzt freilich muss man dem Autor Recht geben: Blogger sind oftmals einsame Menschen, die sich von der Wirklichkeit gelegentlich zu weit entfernen. Da versagt auch die vorgeblich vorhandene Seelentröstung, die in den gefühlstriefenden Befindlichkeitsblogs so vehement hochgehalten wird: Für das reale Leben, so wird eine Expertin zitiert, brächten diese virtuellen Seelentröstungen nichts. Das hätten wir auch ohne Blogs und ohne den Artikel gewusst: das wirkliche Leben findet in der Wirklichkeit statt. Alles andere ist ein schlecht schmeckender Ersatz.

Einst gab es die Soraya-Zeitungen, die später Yellow Press hießen. Heute gibt es Weblogs, in denen eben nicht die Kaisern Soraya, sondern Soraya Meyerdierks, geborene Butenschön, im Vordergrund steht (ich hoffe sehr, dass es nicht wirklich eine Bloggerin dieses Namens gibt). Nein, nein, ich hoffe keinesfalls, dass es so ist. Aber bei diesem Beitrag, aus dem ich nachfolgend zitiere, könnte man auf solche Gedanken kommen, wenngleich die verklärte Ausdrucksweise den Eindruck erweckt, dass etwas anderes gemeint ist.

Zitat

„weblogs sind (zum grossen teil) momentaufnahmen vom fühlen und denken einzelner. verschriftlichungen individueller lebensbewältigung. literarische persönlichkeits- und somit zeitbilder.

und sie bieten (überwiegend) genau das, was die auf leserInnen & gewinn orientierten anonyme medienwelt nicht geben (kann): kommunikation, kontakt, erfahrungsaustausch. (mit-)erleben, (mit-)fühlen, (mit-)denken.“


Gebete enden im Allgemeinen mit „Amen“. Meine Beiträge nicht – und ich verspreche, das Thema erneut aufzugreifen – aber erst, wenn ich mehr Zeit habe.

 

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