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Mit Helmut Kohl habe ich nichts gemeinsam – außer, dass ich einmal Elefanten gesammelt habe. Originale aus China, Afrika und Indien sowie dem Rest der Welt, mit Rüssel oben, unten und verkringelt, aus Holz, Porzellan, Steingut, Glas, Metall und Stoff (keine Spielzeuge). Dabei sind seltene Unikate, aber sehr wenig Touristen- und Kommerzschrott. (Man weiß schließlich, wer man ist). Etwa 300 Exemplare.

Wer Lust hat, kann Fotos anfordern bei: sehpferd at epost dot de. Stichwort: Havalump.

Das wöchentliche Geblubber aus den Algen - fast immer sonntags.

Was, bitte, ist wirklich wichtig? Wer Blogs liest, bemerkt bald zweierlei: wirklich wichtig ist zumeist nur die Bloggerin oder der Blogger selbst – auf der einen Seite. Auf der anderen Seite ist es offenbar eine Idee, meist eher eine Ideologie, oder sagen wir besser gleich: Ein Hirngespinst, was den bloggenden Menschen treibt. Ich vergesse dabei keinesfalls, dass Blogs auch Unterhaltungswert haben – es wäre schlimm, wenn dieser jemals wegfallen würde.

Die „Ich-AG’s“ stellen sich die Frage, was wirklich wichtig ist, gar nicht erst – sie wissen es ohnehin schon: sie selbst allein sind es. Sie, das Gestirn, der Mittelpunkt des Universums. Der Rest der Welt die Umgebungsvariablen – wehe, sie wagen selbstständig zu denken und zu handeln, schon ist das eigene Weltbild zerstört, und da man es aufrecht erhalten muss, wird dann geschmollt, gekämpft, gemauert: Will dies beschissene Mistvolk da draußen denn gar nicht begreifen, dass nur die eigenen Vorstellungen jemals Bestand haben? Schließlich sollen, können, müssen diese doch eines begreifen: Das wichtigste im Leben bin ich. Verstehen sie, Frau oder Herr Sowieso: Ich. Haben sie das endlich kapiert? Immer noch nicht? Dann sind sie bekloppt.

Den ICH-AGs entgegen stehen die Ideologen. Gruppe Strammlinksmitgebrüll teilt mit: der Kapitalismus ist Scheiße. Nächste Mitteilung: Die Globalisierung ist Scheiße. Übernächste Mitteilung: Die Politiker, die Kapitalismus und Globalisierung dennoch nutzen wollen, sind Scheiße. Daraus folgt: Herr Altlinksschreiber hat in der Linkspostille „Ganzneulinks“ geschrieben, dass die deutschen Politiker, die Kapitalismus und Globalisierung dennoch nutzen wollen, Scheiße sind.

Doch die Ideologen sind nicht nur links, und manchmal sind sie nicht einmal politisch: Auch die Anhänger der verschiedensten erotischen Ausrichtungen können ganz schön auf den Nerv gehen: von Fetischisten über Gummiliebhaber bis hin zu den Swingern: wer eine Ideologie aus seiner Veranlagung macht, gerät auch in Gefahr, sich lächerlich zu machen: wenn das Leben nur aus Ledersohlen, Gummihemdchen oder Rudelbummsen besteht, wird es nun einmal langweilig, was noch anginge: aber auch das, was darüber geschrieben wird, erreicht schnell das Verfalldatum. Dann beginnt es zu stinken.

Was wirklich wichtig ist? Für die Menschen in Deutschland wohl, ihr Selbstverständnis in Frage zu stellen, nicht mehr zu verharren, neu aufzubrechen. Die Person im Spiegelbild ist nichts als Schein, die Ideologie ein billiges Stück kollektiven Versteckspiels. Ein Blick auf den letzten Sommer hat gezeigt, dass Ideologen nichts, aber auch gar nichts schaffen: Das gilt für Rechtschreibeformgegner wie für Hartzhasser. Wer etwas schaffen will, muss aufbrechen, sich aus dem Gefängnis der eigenen Ich-Schönheit und der Ideologie befreien und vor allem Neues schaffen – und er muss den Fingerzeigen folgen, statt ständig wie einer Meute hungriger Jagdhunde zu versuchen, die Finger weg zu beißen, die in die Zukunft zeigen.

Was wirklich wichtig ist? Das wir den größten Teil unserer gedanklichen und seelischen Kraft für Arbeit und Wohlstand, Friede und Fortschritt, Freiheit und Glück in unseren jeweiligen Ländern für Europa einsetzen. Den verbleibenden Teil können wir dann immer noch vor dem Spiegel verbringen.

Das wöchentliche Geblubber aus den Algen

Tag der Einheit, wieder einmal im Inland verbracht – hier kommt man ja nicht umhin, täglich von Zoff und Hickhack zu lesen: lauter kleinkariertes Brimborium um Ossis und Wessis. Hohlreden in den Demokratiepalästen, Hohlsprüche auf den Transparenten der Neo-Kommunisten – das ist alles, was von diesem Tag bleiben wird. Ich brauche erst gar nicht zu ergänzen: viel zu wenig.

Dabei sollten die Deutschen sich längst Europa zugewandt haben – aber das verträgt Deutschland wohl noch nicht. Das deutsche Schneewittchen liegt ja noch in Watte aufgebahrt – wehe, jemand entreißt ihm den Apfel: Er muss mit wüstesten Beschimpfungen rechnen. Gewiss, das ist bildlich gesprochen. Weniger bildlich: Nun lasst uns doch alle bitte mal in die Zukunft aufbrechen. Die heißt Europa und hat andere Themen als Lernmittelfreiheit, Studiengebühren, Rechtschreibreform und Schlagerquote.

Apropos Schlagerquote: Das Thema hat mir eine lebhafte Diskussion eingebracht – die war zwar beabsichtigt, doch hatte ich erwartet, dass es mehr Befürworter der Schlagerquote geben würde. So erkläre ich denn, dass mich die Interviews und Aktionen von Frau Antje Vollmer weiterhin empören: Es gibt schon im Übermaß Deutschschnulzen und Pseudoheimatlieder. Ich verkenne dabei keinesfalls, dass es auch Schriftsteller unter den Sängern und Sänger unter den Schriftstellern gibt – nur haben diese eine ganz andere Bedeutung. Sie würden auch dann nicht nennenswert gesendet, wenn es die Quote gäbe – ein schönes Beispiel dafür ist der Kurzbrenner „Jazz und Lyrik“ gewesen. Die Sparte ist verschwunden, weil es keinen Bedarf dafür gab.

Etwas anderes hat mich amüsiert: Die Meinung, die ich hier bisweilen kundtue, ist zwar meist meine Meinung, aber nicht meine einzige. Ich kann sie, wenn ich will, beliebig differenzieren, oder eben auch vereinfachen. Leider muss man in Blogs ausgesprochen plakativ schreiben, wenn man gelesen oder gar verstanden werden will: Über Meret Oppenheim zu schreiben verbietet sich da von selbst.

So lernt man, dass man zwar belächelt wird, wenn man sich über die (ja, wirklich) zweitrangigen Sex- und Nacktthemen hermacht, dass es aber andererseits für differenzierte Betrachtungen kaum ein Publikum gibt. Dennoch weigere ich mich, nur noch für die Ex-und-hopp-Gesellschaft zu schreiben, denn ob es Leser gibt oder nicht – ganz verkommen lassen sollten wir den Geist und die Kultur doch nicht.

Manchmal schreibe ich über Leute, die davon ganz schnurrig werden, während ich dann wieder über Zeitgenossen schreibe, die sich sofort vor meinen Gartenzaun stellen und zu bellen beginnen. Neu aber ist, dass ich eben gar nicht nicht über Leute schreibe, sondern über Nachahmer und Vorbilder innerhalb der Bloggerei, dabei ein (wichtiges) Beispiel nenne und damit dann offenbar eine ganze Lawine auslöse.

Also schreibe ich heute doch eine Zeile: Es gibt unter den Bloggerinnen niemanden, der den Zeitgeist anhand des Lebens einer erfolgreichen urbanen Frau so gut versinnbildlicht wie Miss Understood. Ich meine es ehrlich, aber das tut nichts zur Sache. Es ist ohnehin nicht anders.

Das wöchentliche Geblubber aus den Algen – fast immer sonntags

Diese Woche brachte nochmals (zum wievielten mal eigentlich?) zwei Diskussionen um Blogs, und ich hätte vermutlich beinahe noch eine dritte angezettelt - habe es, nach reiflicher Überlegung, aber gelassen - und schreibe statt dessen dies.

Die erste drehte sich um das „Twoday-Buch“, das eine mehr als schlechte Kritik bekommen hatte, die zweite darum, warum es möglicherweise überflüssige Nachahmer bei Blogs gibt.

Zumindest die zweite Diskussion verlief sehr eigenartig: So gute wie niemand nämlich fragt sich, warum es so viele Nachahmerinnen des sehr erfolgreiche Blogs von Miss Understood gibt, während plötzlich eine Diskussion losgetreten wird, wenn es einmal ein neues Blog nach Art des Schmuddelbloggers gibt. Dann ist man merkwürdigerweise schnell bei der Hand mit „gibt’s schon, also überflüssig“. Überflüssig? Gab es jemals im deutschsprachigen Raum ein Sexblog einer Frau, die fast jeden Abend zu einem anderen Mann ins Bett steigt? Aktuell gibt es dies bis heute nicht. Wenn ich es richtig verstanden habe, sind die neuen Erotik-Kids on the Blog Menschen, die den Schmelz ihrer Jugend auch schon hinter sich haben und teils aus der Erinnerung schreiben.

Ich meine, Konkurrenz belebt nicht nur das Blog-Geschäft, sondern zeigt auch bald Möglichkeiten und Grenzen auf. Typisches Beispiel für die schnell erreichten Grenzen: Das Beichtblog . Hätten sich ein halbes Dutzend Menschen zusammengetan, die schöne erotische Beichten aus der Erinnerung und aus Erzählungen zusammenschreiben, dann wäre es etwas geworden – doch jetzt strotz das Blog vor allem vor Langeweile – das erotische Volk will Storys, bei denen Grenzen überschritten und Abgründe aufgetan werden, aber die schreiben sich nicht aus dem leichten Händchen heraus – und Geschichten der Art „Er traf sie, sie hatten eine wilde Liebesnacht, und am morgen gingen sie wieder auseinander“ interessieren kaum noch, weil es schon zu viele davon gibt. Bitte, das ist nicht fair? Die meisten Bloggerinnen und Blogger werden gerade deshalb gelesen, weil sie nicht fair sind und die Wirklichkeit zu ihren Gunsten zu verschieben versuchen: das ist Blogging, zumindest hier und heute.

Was es noch nicht genügend gibt: Geschichten um das Spiel mit den Geschlechterrollen und mit der Macht – möglichst authentisch, versteht sich, denn Leser haben sehr wohl ein Gefühl dafür, was in der Liebe möglich ist und was frei erfunden wurde. Ein Widerspruch? Nein, es kommt nur darauf an, wo man seine Zielgruppe vermutet: Unter den Beteiligten oder unter den Voyeuren.

Muss es denn immer die Liebe sein? Wie viele Blogs gibt es eigentlich, die sich mit der realen Berufstätigkeit eines Kochs oder einer Friseurin auseinandersetzen? Wäre es nicht wichtig für die Menschen, die sich zu einem Beruf (zu welchem auch immer) entschließen wollen, einmal etwas aus der Berufswelt zu erfahren?

Freilich. Wir wissen alle, dass in Blogs nicht alles ausgeschöpft wird, was möglich und wünschenswert ist. Wir wissen, dass sich zwar sehr viele, aber oft noch nicht die richtigen Menschen damit beschäftigen. Ein bloggender Berufsberater wäre viel wichtiger als die tausendste Neuauflage von „Ichhabeliebesnschmerzholtmichhierraus“.

Nur: Diejenigen, die aus sozialer, politischer und gesellschaftlicher Verantwortung bloggen sollten, tun es nicht. Ich bin der festen Überzeugung, dass sie noch nicht einmal wissen, dass es Blogs gibt.

Ich selbst war heute auf der EROTIKA in Budapest – und sah sehr viele Männer, denen das Licht der Lust ständig in den Augen brennt. Sie scharen sich um Frauen, die sich ein bisschen ausziehen – nicht einmal so weit, dass es etwas Interessantes zu sehen gäbe. Dazwischen die üblichen Stände mit Spielzeug, Flitterklamotten und Lustfilmen – und immerhin ein einheimischer Korsettmacher. Dessen Adresse habe ich mir notiert.

Das wöchentliche Geblubber aus den Algen – fast immer sonntags

Diese Woche galt als politisch heiß – sehr merkwürdig, denn Bundespräsident und Bundeskanzler haben dem Volk nur ein ganz klein wenig von der Wahrheit gesagt – einmal etwas ungeschminkter als sonst. Es kann nicht angehen, dass sich die ganze Welt bewegt, aber Deutschland (und im übrigen auch Frankreich) in Erstarrung verfallen.

Erregt hat die Gemüter kurzfristig auch eine neue Studie über die deutsche Bildung. Vielleicht stimmen nicht alle Menschen mit mir überein, dass wir in Deutschland besonders gut ausgebildete Mathematiker, Physiker und Ingenieure brauchen, um den Stand unserer Technologie zu halten, aber wahrscheinlich werden alle darin einstimmen, dass die beste Ausbildung gerade gut genug ist, um die Zukunft zu gestalten. Wie schade, dass Deutschlands Eliten da auf den so genannten „Gymnasien“ bestehen. Es sind, mit Verlaub, überflüssige Schulen, deren Existenzrecht sich aus einer anderen Gesellschaftsordnung herleitet. In der Demokratie haben sie nichts mehr zu suchen.

Mehr als Randnotiz fiel mir auf, dass der Deutschlandfunk intensiv von einer „dritten Stufe des Feminismus“ berichtete. Er soll vor allem in Schweden stattfinden, und hier unter Schülerinnen weit verbreitet sein. Denke ich an Deutschland, so meine ich, dass wir noch weitaus mehr Frauen in verantwortlichen Positionen haben sollten – und sie kämen dort auch hin, wenn sie bereit dazu wären.

Womit ich bei einem ständigen deutschen Thema wäre: Die Gläser sind halb leer, der Innovationsgeist aufgebraucht, die Zukunft wird hellgrau in dunkelgrau gemalt. Das mag ein Ausdruck des „Zeitgeistes“ sein - doch wer schafft diesen Zeitgeist? Politiker scheinen ihn weder zu schaffen noch an ihm etwas ändern zu können: Schon Roman Herzog hatte es vergeblich versucht. Die deutsche Wirtschaft ist im Grunde optimistisch und erlebt gerade einen ungeheuren Exporterfolg – und sie kann dies nicht ohne die Menschen tun, die diesen Erfolg tragen – auch diese dürfen deshalb als vom Zeitgeist unbeleckt gelten. Wer aber ist es dann? Ich weiß es nicht – aber jedenfalls bin ich es nicht, der den Zeitgeist verbreitet.

Ist es nun der gleiche Zeitgeist, der die Erotik verdrängt? Wer die üblichen publikumswirksamen Medien betrachtet, kommt ja tatsächlich an prallen Brüsten kaum noch vorbei, die angeblich „sexy“ sein sollen, aber dann doch wohl eher als Synthese von Chirurgie und Marzipanschweinchen-Look gelten müssen. Erotische Nachrichten hingegen gibt es zurzeit kaum noch – da hoffe ich auf den Herbst. Wenn wieder mehr verhüllt wird, gibt es auch mehr Erotik.

Ich betreibe dieses Blog jetzt seit 365 Tagen. Zeit, eine Bilanz zu ziehen.

Für mich ist das Wichtigste an einem Blog, wahrgenommen zu werden. Das ist der Fall. Vor allem die Suchmaschinen und vereinzelte Referenzen in Onlinezeitschriften und anderen Blogs bescheren mir eine sichere Leserschaft. Die Zugriffe entwickeln sich gut, wenngleich die belanglosen Artikel über so genannte Stars, die ihre Hüllen fallen lassen, die besten Aussichten auf Zugriffserfolge haben. Verbucht werden die Zugriffe mit einer dicken schwarzen Zahl auf der Habenseite.

An zweiter Stelle steht die Freude am Schreiben. Ich beginne den Tag mit dem Wunsch, einen Artikel zur Europa- oder Gesellschaftspolitik zu schreiben und ich beende ihn mit den kleinen belanglosen Artikeln über Liebeslust und Liebesleid, Erotik, Fotografie oder Nacktheit. Freude macht mir das eine wie das andere. Die Freude verbuche ich liebevoll auf der Habenseite.

Drittens möchte ich mit meinen Gedanken etwas bewirken. Hier kommen erste Zweifel auf. Die synergetischen Effekte, die man etwa in Wikipedia beobachten kann, wollen in Blogs einfach nicht vorankommen. Der Grund ist einfach zu finden: Blogger neigen dazu, drei Menschen am meisten zu Lieben: sich, Ihr Selbst und ihre Person. Die ungeheuren Kräfte, die durch gemeinsames Denken und Handeln („niemand weiß so viel, wie wir alle zusammen“) entstehen könnten, werden schmerzlich vermisst. Ein schwerer Brocken im Soll der Bilanz – weil dies geändert werden könnte und niemand etwas daran tut.

Man könnte viertens manche schlechte Erfahrung verschmerzen, wenn Blogs irgendwie profitabel wären. Vorläufig sind sie es nicht. Wenn aber langfristig die Gewinnaussicht fehlt, werden immer neue ICH-AGs für immer wieder ähnliche Artikel sorgen, die von immer wieder ähnlich gelagerten Bloggerinnen und Bloggern gegenseitig gelesen werden. Blog-Innovationen werden auf der Strecke bleiben, wenn kein Gewinnen zu erwarten sind, wobei der „Gewinn“ auch in Wählern, Lesern für Printmedien oder einem Zuwachs an Kulturkonsumenten sein kann. Manchmal denke ich: Eigentlich sind wir schon so weit. Wir haben verpennt, Blogs profitabel zu machen. Eine gewaltige rote Zahl in der Bilanz – auf Dauer vielleicht das Ende der Blogs.

Fünftens frage ich mich: Was habe ich dabei gelernt? Vor allem, meinen eigenen Weg konsequent zu verfolgen. Dazu gehört leider auch, sich sowohl von falschen Feinden wie von falschen Freunden abzugrenzen. Die ursprüngliche Idee, die unsäglichen Äußerungen von herumhüpfenden Beschimpfern zu sammeln und irgendwann einmal zu veröffentlichen, habe ich längst aufgegeben. Sie liegen jetzt alle im Papierkorb, und da bleiben sie auch. Das Erlernte buche ich auf die positive Seite: Es zeigt den Weg in die Zukunft.

Ich habe es schon einmal gesagt: Es ist nicht lohnend, mir in den Finger zu beißen. Besser ist, sich die Richtung zu merken, in der er zeigt. Soweit meine Arroganz. Ein bisschen davon brauche ich, um hier täglich zu schreiben.

Sie vermissen einen Strich unter der Bilanz? Ich auch. Es ist noch zu früh. Ich plane weiter, gebe dem Blog noch bis Ende 2005. Dann wird sich zeigen, wohin ich mich wende.

Das wöchentliche Geblubber aus den Algen – fast immer Sonntags

In früheren Zeiten galten Schwedinnen bei deutschen Männern als besonders bereitwillige Partnerinnen für den spontanen Geschlechtsverkehr. Das liegt in erster Linie an tief verwurzelten kulturellen Unterschieden zwischen Schweden und Deutschen: Während in Schweden Essen, Trinken und Sexualität zu den natürlichen Lebensäußerungen gehört, war und ist sie in Deutschland nach wie vor ein Thema, bei dem erst Steine aus dem Weg geräumt werden müssen: In der Moralvorstellung der Deutschen muss vor dem Sex allerlei geschehen, zumindest muss die Illusion einer Bindung aufgebaut werden.

Wer häufiger in Schweden ist, vermisst dort vor allem die Erotik: Sie ist ein Tabuthema der dortigen Gesellschaft.

Die Zeiten haben sich geändert: Heute spricht man in Mitteleuropa von einer „Sexualisierung des öffentlichen Lebens“. Freilich können diese nur Menschen wahrnehmen, die überreichlich Fernsehen glotzen oder BILD-Zeitung lesen – weder die seriöse Tagespresse noch die öffentliche Plakatwerbung ist in Deutschland übermäßig sexualisiert, und erotisch ist sie schon gar nicht.

Der Mangel an Erotik gilt im Übrigen auch für fast alle in den Massenmedien angebotenen pseudopornografischen Bilder: In der Regel sind sie nach Playboy-Vorbild in Marzipanschweinchentönen gehalten, und die ohnehin leblosen Gesichter sind bestenfalls auf Fernwirkung geschminkt – die Erotik geht völlig verloren.

Nein, die Erotik findet woanders statt. In den Modezeitschriften, beispielsweise. Dort gibt es sie noch, die kleinen Gesten, die sehnsuchtsvollen Blicke, die sinnlichen Enthüllungen. Auch in den Schlafzimmern der Gebildeten scheint sie wieder einzuziehen: Das „praktische“ Ikea-Schlafzimmer taugt kaum für eine sinnliche Verführung, und mehr und mehr Frauen ziehen sich erst einmal schön an, bevor sie sich ausziehen: Der Wert des erotischen Momentes wird wieder erkannt.

Wer nach Vorbildern sucht, muss weit zurückgehen: um die vorletzte Jahrhundertwende, in die zwanziger Jahre oder in die Vierziger. Zu diesen Zeiten stand die Erotik in einer selten schönen Blüte, freilich auf Kosten der leidenschaftlichen Sexualität: Die wurde vorzugsweise in Bordellen ausgelebt, wenn man es sich leisten konnte - jedenfalls von Männern.

Das wöchentliche Geblubber aus den Algen – (fast) immer sonntags

Die vergangene Woche war von allem anderen geprägt als von Blogs, dem World Wide Web oder dem übrigen Geschehen in Deutschland. Es war eine Zeit des Stillstandes, die ja auch immer eine Zeit der Besinnung ist, und zu mehr an Kommentar will ich mich gar nicht hinreißen lassen: nur, dass ich die Diskussionen in Deutschland gelassener sehe: Eines Tages wird wohl endlich einmal alles von allen gesagt sein, die immer schon etwas sagen wollten, aber die Regierung wird sich davon hoffentlich nicht beirren lassen.

Was viele Menschen nicht begriffen haben: Die gegenwärtige Generation darf nicht die finanziellen Ressourcen auffressen, die der Staat zur Verfügung hat. Dieser muss vielmehr darin investieren, dass kommende Generationen auf einem ähnlich hohen Niveau wie heute leben können. Sozial sein heißt nicht allein, den Armen Geld in die Taschen zu stecken – es heißt auch, die kommenden Generationen vor Verarmung zu schützen. Wer in diesem deutschen Land hat dies eigentlich schon erkannt? Die Wissenschaftler sagten es uns schon lange, die Politik begriffen es nach und nach endlich, und nun treten plötzlich in Deutschland ein paar geschwätzige Volkshelden auf und sagen, dies alles sei ja ganz anders.

Ob es nun anders ist oder nicht – die Welt dreht sich weiter, und mit ihr die neue Wirtschaftsordnung, in der Deutschland eine bedeutende Rolle spielen kann, wenn es nur will. Freilich nicht mit der PDS, nicht mit Lafontaine, und (mit Verlaub) auch nicht mit der Art von „Intellektuellen“ (das Wort steht ganz bewusst so), die sich in den letzten Wochen zu so lachhaften Themen wie der Rechtschreibreform gemeldet haben. Die bringt uns nämlich keine Ressourcen, keine Synergie und vor allem kein Geld in die Kasse – und wir brauchen nun einmal Dinge in diesem Land, die sich in Euro und Cent rechnen lassen.

Durch das steuernde Hirn scheinen sich glühende Drähte zu ziehen, während das optische System wechselnde Bilder liefert: Mal der Rechtseindruck, mal der Linkseindruck, dann wider Stereo. Die Worte anderer brauchen deutlich länger, bevor die müde Denkmaschine die Lautzeichen in Gedanken übersetzt, verarbeitet, umsetzt, wieder in Worte fasst. Ab dem Nachmittag bringt der Schlaf wirre Bilder, die wie Etiketten auf Kästchen kleben. Gelegentlich klappen sie auf und erlauben einen Blick auf ihre Inhalte: Fragmente des Lebens, der Fantasie, des Fieberwahns. Je später es wird, um so mehr rauben die nun wieder rot glühenden Drähte jeden Schlaf. Wasser trinken. Schlafen. Wasser trinken, Aspirin und doch kein Ende.

Am dritten Tag untersucht mich ein alter deutsch sprechender Professor, so, wie er die Menschen vor 40 Jahren schon untersucht haben mag: Befragen, Betasten, Erkennen. „Tut diese Stelle weh?“ „Ja.“ „Nur diese Stelle?“ „Ja“. „Diese Stelle nicht?“ „Nein.“ „Diese auch nicht?“ „Nein“. „Also nur diese?“ „Ja“.

Der Professor schreibt eigenhändig auf einer Reiseschreibmaschine, blättert minutenlang in zwei Arzneibüchern, schreibt weiter, blickt schließlich auf: „Sie bekommen eine gute Kur“ – und nach einer Weile, wie um sich zu entschuldigen: „Es ist eine gute Kur, aber eine sehr harte Kur – Sie hatten zu viel Fieber, deshalb brauchen wir jetzt schnelle Resultate“.

Drei Tage noch leide ich, teils unter der Krankheit, dann mehr und mehr unter der Therapie. Am vierten Tag kann ich wieder frei atmen, die Sonne genießen, längere Zeit spazieren gehen, Kräfte für den Alltag zurückgewinnen. Es ist mittlerweile Samstag, die Beine tragen mich wieder für ein paar Stunden, und wir haben herrlichen Sonnenschein: Heute wird richtig gegessen, abends in der Budapester Innenstadt, mitten im Leben.

 

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